Moderne Literatur
Tom Sharpe: Lauter Irre
Für sein vorletztes Buch vor seinem Tod, der vor ziemlich exakt zehn Jahren eintrat, ging der britische Autor Tom Sharpe mit seinem eigenen Baukastensystem, nach dem er üblicherweise seine schwarzhumorigen gesellschaftskritischen Romane verfasste, reichlich schludrig um.
T.C. Boyle: Blue Skies
In seinem neuen Roman »Blue Skies« widmet sich T.C. Boyle wie schon vor 23 Jahren in »Ein Freund der Erde« dem Klimawandel und dem Artensterben. Anders als damals braucht es – für uns und für den Schriftsteller – aber nicht mehr den Blick in die Zukunft, um den Ernst der Lage zu beschreiben – und ja, eigentlich auch zu begreifen.
Charles Lewinsky: Sein Sohn
Der französische König Louis-Philippe I. (1773 – 1850) und die Köchin Marianne Banzori hatten ein gemeinsames Kind, dessen Geburt 1794 in Mailand als recht unsanft beschrieben wird. (…) Der kleine Louis wird gleich nach seiner Geburt in ein Waisenhaus gegeben. Mehr ist über ihn geschichtlich nicht überliefert. Der erfundenen Lebensgeschichte von Louis Chabos kann man in Charles Lewinskys Roman »Sein Sohn«, 2022 bei Diogenes erschienen, nachspüren.
Taylor Jenkins Reid: Die sieben Männer der Evelyn Hugo
Monique Grant ist Journalistin in einem angesagten Frauenmagazin. Ihre jetzige Chefin hält allerdings nicht viel von ihr. Als Evelyn Hugo, eine berühmte, in die Jahre gekommene Hollywood-Diva um ein Interview bittet, eröffnet sich für das Frauenmagazin eine einzigartige Chance. »Die sieben Männer der Evelyn Hugo« ist ein glamouröser Gesellschaftsroman mit einer subtilen Spannung und zahlreichen Cliffhangern.
Celeste Ng: Unsre verschwundenen Herzen
In den USA, aber auch in anderen Ländern wurden und werden immer noch Kinder von ihren Familien getrennt. (…) Zum Beispiel an der mexikanischen Grenze. In ihrem aktuellen Roman »Unsre verschwunden Herzen«, erschienen bei dtv, lenkt die amerikanische Autorin Celeste Ng unsere Aufmerksamkeit eindringlich auf diese Thematik und den damit einhergehenden Repressalien und Folgen.
Peter Høeg: Fräulein Smillas Gespür für Schnee
Interessant ist 30 Jahre später, wie Høeg die Politik Dänemarks im Umgang mit seiner Kolonie Grönlands kritisch darstellt; bis heute ein brisantes Thema im Lande. Ebenfalls aufschlussreich ist, sich in ein Kopenhagen von 1992 hineinzuversetzen, das es heute teilweise nicht mehr gibt: Die beschriebene dunkle Hafenromantik am Sydhavn etwa ist längst nicht mehr existent, so mit hässlichen architektonischen Unfällen, wie die Gegend inzwischen zugebaut ist.
Jutta Voigt: Wilde Mutter, ferner Vater
In ihrem aktuellen Buch »Wilde Mutter, ferner Vater«, erschienen im Aufbau Verlag, lässt Jutta Voigt ihr Leben wie einen Film an sich vorüberziehen. Statt einer Autobiografie entdeckt man einen Lebensroman, der es in sich hat. Er spiegelt eine leidenschaftliche Frau, deren Lebenslust und -begeisterung aus jeder Zeile dringt.
Ottessa Moshfegh: Lapvona
Der Roman schildert ein Jahr im mittelalterlichen Lapvona, geprägt von Dürre, Hungersnot und Überschwemmungen. »Lapvona« ist brillant geschrieben. Die Sätze sind auf den Punkt und häufig blitzt äußerst schwarzer Humor auf. Aber in seiner niederschmetternden Düsternis und Hoffnungslosigkeit ist die Geschichte kaum zu ertragen. Und das muss man als Autor*in erstmal hinkriegen.
Karine Tuil: Diese eine Entscheidung
Im Mittelpunkt dieses Buches steht die Untersuchungsrichterin Alma Revel, die in der Abteilung für Terrorismusabwehr im Pariser Justizpalast arbeitet. Sie verhört Terrorverdächtige, schaut sich Beweismaterial an und ordnet es ein, befragt Angehörige von Tätern und Verdächtigen und spricht mit Angehörigen von Opfern. (…) Während der Lektüre werden unweigerlich die Bilder der Anschläge auf Charlie Hebdo oder im Bataclan 2015 wieder lebendig.
Percival Everett: Die Bäume
Die Südstaaten der USA zu Beginn des 21. Jahrhunderts: In der Kleinstadt Money werden mehrere grausam verstümmelte Leichen gefunden, die aneinander gefesselt wurden. Stadtbekannte White-Trash-Rüpel und ein unbekannter Schwarzer, dessen Leiche kurz darauf verschwindet. (…) Zwei Dinge zeichnen diesen Roman aus: die wunderbar lakonischen und wirklich witzigen Dialoge und die absolute Unvorhersehbarkeit der skurrilen Geschichte.
Claude McKay: Banana Bottom
Der jamaikanische Autor Festus Claudius »Claude« McKay gehört zu den frühesten Vertretern der Harlem Renaissance. (…) In seinen Romanen und Kurzgeschichten thematisierte er das Leben der notleidenden Bevölkerung in seinem Heimatland und in New York und verarbeitete seine eigenen Erfahrungen mit Diskriminierung und Armut.
Michael Kumpfmüller: Mischa und der Meister
In der Vergangenheit setzte sich der Autor Michael Kumpfmüller in seinen Romanen mit berühmten Kolleg*innen auseinander – in »Die Herrlichkeit des Lebens« schwor er das letzte Lebensjahr von Franz Kafka herauf, in »Ach, Virginia« schuf er ein literarisches Porträt über Virginia Woolf auf kleinstem Raum. Sein aktueller Roman »Mischa und der Meister« ist nicht nur eine Hommage an den russischen Schriftsteller Michail Afanassjewitsch Bulgakow, sondern auch an die gesamte russische Literatur.
Chuck Palahniuk: Jetzt bist du dran!
Keine heilige Kuh, der Chuck Palahniuk nicht mit einem Bolzenschussgerät nachsetzt. Das ist oft völlig irrwitzig, aber leider nur minimal übertrieben. Der Ideenreichtum, die satirische Überspitzung, der Sarkasmus und die intelligente Analyse machen aus dem »Jetzt bist du dran!« ein echtes Vergnügen.
Peter Heller: Die Lodge
Peter Heller spannt den Bogen in seinem Roman von einer friedvollen Anglerszenerie bis hin zum Thriller-Konstrukt in Cowboy-Manier (…). Auch wenn einem die Handlung und das Verhalten der Protagonisten hier und da inkonsequent erscheint, hat man Spaß beim Lesen dieser Geschichte. Der Autor versteht es, Spannung aufzubauen.
Susanne Thomas: In Zeiten des Tulpenwahns
Im Februar 1637 platzte die erste Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte und der Markt brach schlagartig zusammen. Viele Händler verloren daraufhin ihre Lebensgrundlage, weil sie in die Tulpe als sichere Wertanlage investiert hatten. Einer von ihnen ist Susanne Thomas‘ Protagonist Nicolaes Verbeeck.
Juliet Blackwell: Das Karussell der verlorenen Träume
Der Roman »Das Karussell der verlorenen Träume« von Juliet Blackwell erzählt die Geschichte der Fotografin Cady aus Kalifornien, genauer gesagt, von ihrer Suche nach dem Hersteller des Kaninchens Gus. Gus ist ein Karussellkaninchen und hatte vor vielen Jahren seine Runden auf einem Karussell gedreht.
Florian Weber: Die wundersame Ästhetik der Schonhaltung beim Ertrinken
Zugegeben, es gibt eingängigere Titel als diesen und man kann ihm auch nicht vorwerfen, dass er zu viel über den Inhalt verrät. Reden wir über den Inhalt: Ein Clown, ein Lama und ein Mann mit Amnesie treiben auf dem Meer. Noch Fragen?
Florian Knöppler: Habichtland
»Habichtland« von Florian Knöppler ist der Nachfolger seines Romans »Kronsnest«, eine konsequente Fortsetzung der Familiensaga einige Jahre später. Die Jahre sind vergangen, die Nazi-Clique hat sich etabliert und seit zwei Jahren tobt der Krieg. Deutschland steht im Jahre 1941 kurz vor seinem Einmarsch in Russland. Die Hauptfiguren Hannes und Lisa sind inzwischen verheiratet und haben Kinder.