»Treue Seele« ist ein dünnes Buch, weil Castle Freeman sich Zeit genommen hat. Trotz des überschaubaren Umfangs, hat man als Leser stets den Eindruck, einen mehr als angemessenen Gegenwart für sein Geld zu erhalten, denn der Roman strotzt nur so vor witzigen Beschreibungen und lakonischen Dialogen …
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Andreas Zwengel
Blake Crouch: Upgrade
»Upgrade« von Blake Crouch ist spannende Unterhaltung, die ihren Zweck erfüllt. Aber das ist dieses Mal leider auch alles. Kein Satz in dem Buch, den man zweimal lesen müsste oder möchte. Die starke Grundidee wird nur in Form arg konventioneller Agenten-Action abgehandelt.
Tom Rob Smith: Kälte
»Kälte« von Tom Rob Smith ist ein Pageturner im wahrsten Wortsinn, weil man einfach erfahren muss, wie es weitergeht und was hinter den Ereignissen am Anfang steckt. Die Handlung ist sprunghaft und fertigt Storyentwicklungen in wenigen Sätzen ab, was aber sehr reizvoll ist.
George Saunders: Bei Regen in einem Teich schwimmen
Sieben Erzählungen russischer Meister werden in diesem Buch behandelt und sind auch komplett abgedruckt. (…) Als Dozent für Kreatives Schreiben hat George Saunders über Jahre die Werke der russischen Meister gelehrt und speziell diese Geschichten immer wieder besprochen. Diese langjährige Analyse merkt man den Texten an, die mit viel Humor vorgetragen werden.
Max Barry: Die 22 Tode der Madison May
Spätestens mit dem mehrfachen Oscar-Gewinner »Everything Everywhere All at Once« sind Multiversen in der Popkultur angekommen. Max Barry findet hier einen gelungenen Ansatz für seine Serienkillergeschichte »Die 22 Tode der Madison May«. Solide Unterhaltung, die nicht enttäuscht.
Ottessa Moshfegh: Lapvona
Der Roman schildert ein Jahr im mittelalterlichen Lapvona, geprägt von Dürre, Hungersnot und Überschwemmungen. »Lapvona« ist brillant geschrieben. Die Sätze sind auf den Punkt und häufig blitzt äußerst schwarzer Humor auf. Aber in seiner niederschmetternden Düsternis und Hoffnungslosigkeit ist die Geschichte kaum zu ertragen. Und das muss man als Autor*in erstmal hinkriegen.
Percival Everett: Die Bäume
Die Südstaaten der USA zu Beginn des 21. Jahrhunderts: In der Kleinstadt Money werden mehrere grausam verstümmelte Leichen gefunden, die aneinander gefesselt wurden. Stadtbekannte White-Trash-Rüpel und ein unbekannter Schwarzer, dessen Leiche kurz darauf verschwindet. (…) Zwei Dinge zeichnen diesen Roman aus: die wunderbar lakonischen und wirklich witzigen Dialoge und die absolute Unvorhersehbarkeit der skurrilen Geschichte.
Harlan Coben: Was im Dunkeln liegt
Bei »Was im Dunkeln liegt« von Harlan Coben handelt sich um eine Fortsetzung, die ohne den Vorgänger nicht gut funktioniert. Man bekommt zwar alle Zusammenhänge ausreichend erklärt, aber der größte Teil der Figuren wurde bereits im ersten Band vorgestellt.
Rob Hart: Paradox Hotel
Im Jahr 2071 sind Zeitreisen etwas Alltägliches. Das Paradox-Hotel liegt neben dem Einstein-Zeitflughafen. Liquide Kunden können dort gegen Bezahlung beispielsweise die erste Aufführung von Hamlet besuchen, den Wilden Westen erleben oder historische Ereignisse beobachten. (…) Trotz des Zeitreiseaspektes handelt es sich bei »Paradox Hotel« eher um einen Krimi als um einen Science-Fiction-Roman.
Ferdinand von Schirach: Nachmittage
In »Nachmittage« berichtet Ferdinand von Schirach, wie auch schon in »Kaffee und Zigaretten«, aus seinem Leben als Schriftsteller, von zufälligen Begegnungen überall auf der Welt und von Geschichten, die ihm zugetragen werden. Alltägliche Ereignisse, die niemals banal sind und manchmal über ein ganzes Schicksal entscheiden.
Chuck Palahniuk: Jetzt bist du dran!
Keine heilige Kuh, der Chuck Palahniuk nicht mit einem Bolzenschussgerät nachsetzt. Das ist oft völlig irrwitzig, aber leider nur minimal übertrieben. Der Ideenreichtum, die satirische Überspitzung, der Sarkasmus und die intelligente Analyse machen aus dem »Jetzt bist du dran!« ein echtes Vergnügen.
Florian Weber: Die wundersame Ästhetik der Schonhaltung beim Ertrinken
Zugegeben, es gibt eingängigere Titel als diesen und man kann ihm auch nicht vorwerfen, dass er zu viel über den Inhalt verrät. Reden wir über den Inhalt: Ein Clown, ein Lama und ein Mann mit Amnesie treiben auf dem Meer. Noch Fragen?
Gary Shteyngart: Landpartie
Das Buch zur Pandemie, auch wenn Corona nur den äußeren Rahmen absteckt. Acht Menschen werden an einem idyllischen Ort am Hudson River in eine sechsmonatige Isolation gezwungen. (…) Gary Shteyngart führt anhand seines Personals den kompletten Irrsinn des modernen Lebens vor.
Stephen King: Der Buick
Teenager Ned fällt es schwer, den Tod seines Vaters zu verkraften. State Police Officer Curtis Wilcox wurde auf Streife von einem betrunkenen Autofahrer getötet und Ned sucht nun Trost bei dessen ehemaligen Arbeitskollegen. Er beginnt, Aushilfsarbeiten auf dem Polizeirevier zu übernehmen und entdeckt dabei in einem Schuppen einen alten Buick.
Terry Miles: Rabbits. Dein Spiel. Dein Risiko
Faktensuche nach Art von Verschwörungstheoretikern. Was nicht passt, wird passend gemacht. Früher mochte ich Verschwörungstheorien sehr gerne, als Grundlage von Thrillern oder Abenteuergeschichten. Aber nachdem ich in den letzten Jahren erleben musste, was Menschen ernsthaft glauben können, war der Spaß daran vorbei. »Rabbits« erinnert an die guten alten Verschwörungszeiten.
Jan Weiler: Der Markisenmann
»Der Markisenmann« ist eine Vater-Tochter-Geschichte voller Melancholie und Herzlichkeit. Die Komik kommt nicht zu kurz, denn viele der Verkaufsgespräche sind einfach köstlich. Vor allem aber rührt das Schicksal des Roland Papen bis zum bittersüßen Ende. Einfach schön.
Quentin Tarantino: Es war einmal in Hollywood
Bei »Es war einmal in Hollywood« handelt es sich nicht einfach nur um eine Nacherzählung der Filmhandlung in ausgeschmückter Form. Wer den Roman zuerst liest, wird wahrscheinlich enttäuscht sein, denn ihm fehlt ein roter Faden, den der Film darstellt. Stattdessen wird die Vergangenheit der Protagonisten genauer beleuchtet, besonders die des Stuntmans Cliff Booth.
Daniel Wisser: Die erfundene Frau
Zweiundzwanzig Geschichten auf 240 Seiten. Groß gesetzt und häufig mit Leerseite vor der nächsten Geschichte. Nicht viel Text für die einzelnen Geschichten und trotzdem gelingt es dem Autor mit jeder von ihnen, eine eigene kleine Welt zu erschaffen, in die der Leser kurz hineinblicken darf.