»Kalk« ist ein großes Vergnügen. Ich hatte bereits mit »Schützenfest«, dem letzten Roman von Dirk Bernemann, viel Spaß. Beide Bücher sind trotz aller Düsternis sehr witzig, voller genauer Betrachtungen der menschlichen Natur und überraschender Wendungen.
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Andreas Zwengel
George Saunders: Die kurze und schreckliche Regentschaft von Phil
»Die kurze und schreckliche Regentschaft von Phil« ist eine gelungene politische Satire, über die man vor zwanzig Jahren sicher noch mehr lachen konnte. Heutzutage erscheinen selbst die absurdesten Passagen nicht mehr unglaubwürdig oder sie wurden schon längst von der Realität übertroffen.
Gijs Wilbrink: Tiere
»Tiere« von Gijs Wilbrink ist ein düsterer Heimatroman mit einer holländischen White-Trash-Familie, die von allen gefürchtet wird. Die »Flodders« waren dagegen geradezu liebenswert, aber hier handelt es sich auch nicht um eine Komödie.
Stephen King: Ihr wollt es dunkler
Ein neuer Band mit Erzählungen von Stephen King ist immer ein Grund zur Freude. Zwölf Geschichten auf 736 Seiten, beziehungsweise über 22 Stunden von David Nathan vorgetragen. Das ist für mich eine Garantie für gute Unterhaltung und ich wurde nicht enttäuscht.
John Niven: O Brother
Der Bruder von Autor John Niven beging 2010 einen Selbstmordversuch und starb unter dramatischen Umständen. Nach einem Leben, das hauptsächlich aus Rebellion und diversen Süchten bestand. Niven legt hier seine Memoiren anhand der unterschiedlichen Geschichte zweier Brüder vor.
Matthew Perry: Friends, Lovers and the Big Terrible Thing
Fasziniert hat mich an der Biografie von Matthew Perry an erster Stelle, was ein menschlicher Körper zu ertragen imstande ist. Die Aufzählung dessen, was Perry an täglichen Überdosen zu sich genommen hat, könnte aus dem Inventurbericht einer Apotheke stammen.
Elly Conway: Argylle
Superspion Argylle leistet sich ein Wettrennen mit dem russischen Milliardär Federov um das legendäre Bernsteinzimmer. So ließe sich die Handlung des Buches zusammenfassen, gäbe es nicht auch noch den dazugehörigen Kinofilm. Dort wird eine Autorin in eine ihrer Geschichten verwickelt.
George Saunders: Tag der Befreiung
Über George Saunders brauche ich inzwischen wohl nicht mehr viel zu erzählen, außer vielleicht, dass er mit diesem Band ein weiteres Mal seinen Ruf als herausragender Erzähler beweist und festigt. (…) Mein absoluter Favorit in dieser Sammlung ist »Die Mom der kühnen Tat«. (…) Eine ganz und gar beeindruckende Geschichte.
David Foster Wallace: Der Spaß an der Sache
Wenn mir an irgendeinem Punkt meines Lebens jemand erzählt hätte, ich würde einmal freiwillig Essays über Tennis lesen, hätte ich sehr lange gelacht. Ziemlich genau bis zur Lektüre dieses Buches, denn ein wirklich guter Autor kann alles auf interessante Weise erzählen.
Hari Kunzru: Götter ohne Menschen
»Götter ohne Menschen« ist ein intelligenter Gegenwartsroman, der sich mit vielen ernsten Themen beschäftigt, ohne sich dabei zu verheben. Einwanderung, Identität, Rassismus, Soziale Netzwerke, Religionen und deren Ersatz sowie das Unrecht an amerikanischen Ureinwohnern werden ohne pädagogischen Zeigefinger in die Handlung eingewoben.
Stephen King: Holly
Es gibt in dem neuen Roman von Stephen King keinerlei phantastische Elemente und man könnte ihn komplett dem Krimi-Genre zuordnen. Aber in weiten Teilen ist es auch ein Gesellschaftsroman. Nicht nur wegen der Bezüge zu Corona, sondern auch durch die Thematisierung von Alltagsrassismus und Polizeigewalt in den Staaten …
Sin Blaché & Helen Macdonald: Prophet
Das größte Rätsel an diesem Buch ist das Buch selbst. Die Handlung reicht gerade mal so für eine Kurzgeschichte und trotzdem blieb ich 520 Seiten lang dran. Weshalb, das kann ich nicht erklären. Ehrlich.
Castle Freeman: Treue Seele
»Treue Seele« ist ein dünnes Buch, weil Castle Freeman sich Zeit genommen hat. Trotz des überschaubaren Umfangs, hat man als Leser stets den Eindruck, einen mehr als angemessenen Gegenwart für sein Geld zu erhalten, denn der Roman strotzt nur so vor witzigen Beschreibungen und lakonischen Dialogen …
Blake Crouch: Upgrade
»Upgrade« von Blake Crouch ist spannende Unterhaltung, die ihren Zweck erfüllt. Aber das ist dieses Mal leider auch alles. Kein Satz in dem Buch, den man zweimal lesen müsste oder möchte. Die starke Grundidee wird nur in Form arg konventioneller Agenten-Action abgehandelt.
Tom Rob Smith: Kälte
»Kälte« von Tom Rob Smith ist ein Pageturner im wahrsten Wortsinn, weil man einfach erfahren muss, wie es weitergeht und was hinter den Ereignissen am Anfang steckt. Die Handlung ist sprunghaft und fertigt Storyentwicklungen in wenigen Sätzen ab, was aber sehr reizvoll ist.
George Saunders: Bei Regen in einem Teich schwimmen
Sieben Erzählungen russischer Meister werden in diesem Buch behandelt und sind auch komplett abgedruckt. (…) Als Dozent für Kreatives Schreiben hat George Saunders über Jahre die Werke der russischen Meister gelehrt und speziell diese Geschichten immer wieder besprochen. Diese langjährige Analyse merkt man den Texten an, die mit viel Humor vorgetragen werden.
Max Barry: Die 22 Tode der Madison May
Spätestens mit dem mehrfachen Oscar-Gewinner »Everything Everywhere All at Once« sind Multiversen in der Popkultur angekommen. Max Barry findet hier einen gelungenen Ansatz für seine Serienkillergeschichte »Die 22 Tode der Madison May«. Solide Unterhaltung, die nicht enttäuscht.
Ottessa Moshfegh: Lapvona
Der Roman schildert ein Jahr im mittelalterlichen Lapvona, geprägt von Dürre, Hungersnot und Überschwemmungen. »Lapvona« ist brillant geschrieben. Die Sätze sind auf den Punkt und häufig blitzt äußerst schwarzer Humor auf. Aber in seiner niederschmetternden Düsternis und Hoffnungslosigkeit ist die Geschichte kaum zu ertragen. Und das muss man als Autor*in erstmal hinkriegen.