David Foster Wallace: Der Spaß an der SacheAlles ging ganz schnell, aber in serieller Folge: Feld, Bäume, Schaukeln, Gras, dann das Gefühl des größten Handschuhs der Welt, die Netze schwollen sexuell an und standen vor, und ich glaube mich zu erinnern, dass ich einen Ball in Richtung Antitoi schlug und seine scharfe Westostkurve beobachtete, diesem Ball, den ich gerade geschlagen hatte, aus irgendeinem Grund nachlaufen wollte, aber man konnte einem schon geschlagenen Ball nicht nachlaufen, aber ich erinnere mich, dass ich an den Schenkeln sanft, aber unwiderstehlich angehoben wurde und dass der Ball wieder zurückkurvte und ich an ihm vorbeikam und ihn beim Flug über das horizontale Netz überholte, dass meine Füße fünfzehn Meter weit keinen Bodenkontakt hatten, ein Trickfilm, und dann war die Luft voll Häcksel und Gras, und Antitoi und ich flogen oder rotierten die ungelogen fünfzehn Meter auf den Zaun des Nachbarcourts zu, den östlichsten Zaun, und knallten so stark dagegen, dass wir ihn halb umrissen und er mit einer 45°-Schräge stehen blieb …

Wenn mir an irgendeinem Punkt meines Lebens jemand erzählt hätte, ich würde einmal freiwillig Essays über Tennis lesen, hätte ich sehr lange gelacht. Ziemlich genau bis zur Lektüre dieses Buches, denn ein wirklich guter Autor kann alles auf interessante Weise erzählen. In diesem Band zähle ich dazu Essays und Reportagen über Wörterbücher, Dostojewski-Biografien, einen Farmermarkt, ein Hummerfest und eine Abhandlung über Prosagedichte. Themen, die mich nicht unbedingt zum Lesen animieren würden.

Die Essays von Wallace werden mindestens so sehr geschätzt wie seine Kurzgeschichten und die Romane und sie sind ebenso faszinierend. Es zieht ihn für Reportagen nicht in Kriegsgebiete und Elendsviertel, sondern in fast alltägliche Milieus, die er allerdings gnadenlos durchleuchtet. So gelangt er zu erstaunlichen Einsichten.

Manche Essays sind »einfache« Erlebnisberichte, bei denen man Wallace auf die Wahlkampftournee des Republikaners McCain oder auf eine Pornomesse begleitet. Andere sind abstrakter, verzwickter und frönen einem Übermaß an Fußnoten. Der Bericht über radikale Radiomoderatoren ist auch optisch eine Herausforderung, da er wie ein Setzkasten aufgebaut ist. Die Titelgeschichte ist einer der besten Texte zum Thema Schreiben, die ich kenne.

Das Buch enthält alle Sachtexte aus drei amerikanischen Veröffentlichungen, darunter den Klassiker »Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich“, der viel zu Wallaces Bekanntheit in Deutschland beigetragen hat. Außerdem die Einzelveröffentlichungen »Der große rote Sohn«, »Das ist Wasser« und »Am Beispiel des Hummers«. Einzig seine Abhandlung über Depressionen »Der Planet Trillaphon im Verhältnis zur Üblen Sache« fehlt in diesem Sammelband.

Zahlreiche Erkenntnisse nimmt man aus der Lektüre mit. Zwei davon lauten, dass Essays zu wirklich jedem Thema interessant sind, wenn sie vom richtigen Autor verfasst wurden, und dass den Übersetzern für ihre Arbeit bestimmt zu wenig gezahlt wurde.

David Foster Wallace: Der Spaß an der Sache | Deutsch von Ulrich Blumenbach & Marcus Ingendaay
Kiepenheuer & Witsch 2018 | 1088 Seiten | Jetzt bestellen