Das Jahr 2022 ist vorbei und unser Bücherblog um 43 neue Rezensionen bzw. Blogartikel reicher. Und wir haben wieder nachgeschaut, welche Artikel bei uns in den zurückliegenden zwölf Monaten die meisten Klicks (mit Lesezeit) erhielten. Zwei aktuelle Besprechnungen (2022) haben den Sprung in unsere Top Ten geschafft. Alle andere hier aufgezählten Rezensionen sind schon etwas älter, werden immer wieder aufgerufen oder wurden noch einmal ganz neu entdeckt.

Hier unsere Top Ten 2022, der Spannung wegen fangen wir wieder von hinten an:


Wolf Haas: Junger MannPLATZ 10
Wolf Haas: Junger Mann
Vorgestellt von Matthias Bosenick am 22. März 2021

Wolf Haas kann mehr als nur den Brenner, und »Junger Mann« ist sein vierter literarischer Ausflug jenseits des österreichisch-schwarzhumorigen Ermittlers. Während man sofort von Haas‘ typischem und einzigartigen Schreibstil gefesselt ist, braucht es jedoch einige Zeit, sich mit dem Inhalt anzufreunden: Sich in einen jugendlichen Verschrobenen hineinzuversetzen, der dem lokalen Haudrauf die Ehefrau ausspannen will, birgt nicht eben viel Identifikationspotential. Doch nach der Hälfte nimmt die Geschichte mehr als nur eine unerwartete Wendung und fesselt und berührt bis zuletzt.


Die Entdeckung Amerikas. Liebeserklärungen an die US-LiteraturPLATZ 9
Die Entdeckung Amerikas. Liebeserklärungen an die US-Literatur
Vorgestellt von Holger Reichard am 18. Oktober 2021

Am 18. Oktober 2021 erschien im Verlag Andreas Reiffer die Anthologie »Die Entdeckung Amerikas. Liebeserklärungen an die US-Literatur«; ein Buch, an dem einige Bloggerinnen und Blogger von wortmax sowie befreundete Autorinnen und Autoren mitgewirkt haben. Es sind spannende und sehr unterschiedliche Entdeckungsgeschichten zusammengekommen. Die Essays pendeln zwischen nostalgischer Erinnerung und scharfsinniger Analyse und verdeutlichen vor allem eins: Das hiesige Interesse und die Begeisterung an bzw. für amerikanische Literatur ist ungebrochen, für jede Generation bedeutet amerikanische Literatur aber etwas völlig anderes.


Adelbert von Chamisso: Peter Schlemihls wundersame GeschichtePLATZ 8
Adelbert von Chamisso: Peter Schlemihls wundersame Geschichte
Vorgestellt von Renate Bojanowski am 14. November 2014

Chamissos Märchen »Peter Schlemihls wundersame Geschichte« in der Ausgabe des Kunstanstifter-Verlages ist schon einige Jahre zu haben. Dennoch üben die Illustrationen von Franziska Walther und die Einheit von Buchgestaltung, Typografie und Text immer noch einen unwiderstehlichen Reiz aus. Chamisso verwendet für sein fein gesponnenes Märchen die im 19. Jahrhundert populäre Briefform und verarbeitet darin eine selbst erlebte Begebenheit. Freilich ist die Geschichte sprachlich ganz in ihrer Zeit gefangen, dennoch liest sie sich eingängig. Die drei Elemente aus dem Märchen (Glückssäckel, Siebenmeilenstiefel, Teufelspakt) wecken die unerfüllten Wünsche des Lesers.


Martin Suter: Die dunkle Seite des MondesPLATZ 7
Martin Suter: Die dunkle Seite des Mondes
Vorgestellt von Sabine Anders am 01. März 2009

Eine psychologisch – und medizinisch? – nicht besonders tiefsinnige oder glaubwürdige Geschichte, aber trotzdem sehr, sehr spannend von der ersten bis zur letzten Seite, nicht zuletzt durch die Genresprünge, die den Leser immer wieder auf eine falsche Fährte führen und quasi mehrere Geschichten in einer bieten. Das perfekte Buch für eine langweilige Zugfahrt von ungefähr sechs Stunden. So das Fazit von Sabine Anders, die das Buch von Martin Suter bereits im März 2009 für wortmax besprach. Ihre Rezension wird seitdem immer wieder aufgerufen, belegte 2021 unseren neunten Platz, hat also noch einmal um zwei Plätze zugelegt.


Joey Goebel: VincentPLATZ 6
Joey Goebel: Vincent
Vorgestellt von Frank Bergers am 10. Januar 2022

»Torture the Artist«, so der Originaltitel des bereits 2004 veröffentlichten Romans, war Joey Goebels zweites Buch. Er spricht darin vielen aus der Seele. Wie oft werden wir im Radio mit geistlosem Gedudel gefoltert oder mit niveaulosen Streifen, deren Möchtegerndialoge so peinlich sind, dass sich einem die Ohrmuscheln zuklappen? Dieses Buch ist wichtig, denn es hält uns den Spiegel vor, mit welch unfassbaren Müll wir uns zuschütten lassen, und es ist nur ein Aspekt dieses Romans. Es geht im weiteren Sinn auch um die wirklich wichtigen Themen des Lebens: Freundschaft, Familie und Liebe, ohne die alles nichts ist und die kein Geld der Welt aufwiegen kann.


Elke Heidenreich, Michael Sowa: ErikaPLATZ 5
Elke Heidenreich, Michael Sowa: Erika
Vorgestellt von Brigitte Endler am 19. Dezember 2010

Diese zwölf Jahre alte Buchbesprechung erfuhr im Dezember 2022 besondere Aufmerksamkeit. Wir haben es nicht im Detail recherchiert, wissen aber: Die vielen unerwarteten Zugriffe kamen über Telegram zustande. Es handelt sich bei »Erika« um ein kleines Büchlein von vierundsechzig Seiten mit herrlichen Illustrationen von Michael Sowa. Ein kleiner Leckerbissen, schrieb einst unsere Renzensentin Brigitte, gerade richtig zum Verschenken in der Weihnachtszeit, an Wunderblumen und für ewige Kindsköpfe. Aber ob das auch der Grund war, warum jetzt noch einmal so viele diesen älteren Artikel lesen wollten? Wir bezweifeln es.


Karsten Dusse: Achtsam mordenPLATZ 4
Karsten Dusse: Achtsam morden
Vorgestellt von Andreas Zwengel am 16. März 2020

Die Handlung erinnert an die beiden Serien »Breaking Bad« und »Better call Saul«. An erstere, weil hier ein relativ harmloser Familienvater immer weiter in kriminelle Verwicklungen verstrickt wird, an letztere, weil wir es mit einem Anwalt zu tun haben, der sich durch die Wahl seines Mandanten bewusst in dieses Milieu begeben hat. (…) Manche Entwicklungen sind zwar schon weit im Voraus erkennbar (Elster, Sprachchip im Spielzeug), aber es bleiben noch genügend Überraschungen und nette Ideen für sehr unterhaltsame Stunden. Andreas Zwengel hat für uns das Hörbuch unter die Lupe genommen, das von Matthias Matschke eingesprochen wurde und schon 2021 unter unseren Top Ten war. Ein Dauerbrenner.


Katharina Morello: Wolf werden. Eine afghanische LebensgeschichtePLATZ 3
Katharina Morello: Wolf werden. Eine afghanische Lebensgeschichte
Vorgestellt von Renate Bojanowski am 6. Dezember 2022

Manche Biografien sind so bedeutsam, dass sie erzählt werden müssen. Neben den Grundpfeilern unseres sozialen Zusammenlebens finden wir darin einen reichen Schatz an sozial-psychologischen Facetten. In ihrem Buch »Wolf werden. Eine afghanische Lebensgeschichte«, in diesem Jahr erschienen beim Schweizer Limmat Verlag, hat Katharina Morello einen solchen bemerkenswerten Lebenslauf aufgeschrieben. Ihrem Helden, der sich in den Aufzeichnungen Hazara nennt, ist sie durch ihr Engagement in der Autonomen Schule Zürich begegnet. Das Büchlein hält uns ohne zu verurteilen einen Spiegel vor, in dem die vorherrschenden Klischees über Migrant:innen Risse bekommen.


Martin Cruz Smith: The Siberian DilemmaPLATZ 2
Martin Cruz Smith: The Siberian Dilemma
Vorgestellt von Karsten Weyershausen am 14. April 2020

In den letzten zwei Jahrzehnten ist es stiller um ihn geworden, seine Bücher wurden immer konventioneller: Martin Cruz Smith, mittlerweile 77 Jahre alt und an Parkinson erkrankt, diktiert seine Romane nun seiner Frau. Dadurch bedingt hat sich sein Schreibstil geändert. (…) Von der literarischen Dimension seiner früheren Bücher ist er mittlerweile weit entfernt. Dennoch ist Cruz Smith noch immer ein begnadeter Erzähler. Einmal angefangen mag man das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Karsten Weyershausen hat für uns im April 2020 die Originalausgabe besprochen. Seit Juni 2021 ist der Roman unter dem Titel »Die Spur des Bären« auch auf deutsch erhältlich. 2021 belegte diese Besprechung Platz 3 in unseren Top Ten, dieses Mal hätte es fast für Platz 1 gereicht, aber nur fast …


Juli Zeh: Corpus Delicti. Ein ProzessPLATZ 1
Juli Zeh: Corpus Delicti. Ein Prozess
Vorgestellt von Mariel Reichard am 21. November 2016

»Corpus Delicti« von Juli Zeh ist und bleibt bei uns die Nummer eins, wobei der erneute Sprung an die Spitze erst in den letzten Dezembertagen gelang. Dass der Roman von vielen Schülerinnen und Schülern gelesen werden »muss«, mag dabei eine entscheidende Rolle spielen. »Corpus Delicti« ist mehr als eine Warnung vor totalitären Systemen. Das Buch appelliert an die Menschheit, nicht den Drang nach Freiheit und unabhängigen Entscheidungen zu verlieren und das kritische Denken nicht den anderen zu überlassen. (…) »Corpus Delicti« lässt sich leicht und schnell lesen und vermittelt zugleich eine tiefgreifende Botschaft.