»Eine kräftige Portion Mut ist der ernstliche Glaube an Unglück. Sonst ist es nämlich kein Mut«, hält der Protagonist von William Faulkners Roman »Wilde Palmen« fest. Wie in den meisten Geschichten Faulkners geht es auch hier um Vorhaben, die von vornherein zum Scheitern verurteilt sind, von den Figuren aber konsequent durchgezogen werden, selbst wenn sie die Aussichtslosigkeit auf Erfolg klar erkannt haben. In »Wilde Palmen« sind es zwei Liebende, Harry und Charlotte, und ihr Projekt ist ihre Liebe. Sie wollen ihre Leidenschaft um jeden Preis aufrecht erhalten und verhindern, dass sie jemals ins Alltägliche abgleitet.
Harry ist angehender Arzt und bereits Ende 20, als er Charlotte kennenlernt und seine ersten sexuellen Erfahrungen macht, worauf er zum Teil die Tragik seiner Geschichte zurückführt. Charlotte dagegen ist bereits verheiratet und hat zwei Kinder, als sie Harry begegnet und ihre Familie für ihn verlässt.
Es ist nicht einmal so sehr die Gesellschaft der 1930er-Jahre und das »wilde Ehe«-Problem, das Harry und Charlotte zum Scheitern bringt. Sie sind es selbst. Harry tut sich zwar schwer, einen Job zu finden, aber in finanzielle Probleme geraten die beiden nie. Nicht einmal Charlottes Ehemann stellt sich ihnen in den Weg, sondern unterstützt die beiden noch bei ihrem Vorhaben, auf eine Art, die nur Faulkner mit seiner ganz eigenen Komik schildern kann. Mit derselben Komik zeigt er, wie die Liebenden in ihrem Zusammenleben nicht die Erfüllung finden, die sie erhofft hatten: Wie so oft bei Faulkners Figuren verflüchtigt sich das, was sie suchen, sobald sie es allem Anschein nach erreichen.
»Wilde Palmen« ist in den USA bereits 1939 erschienen, die erste deutsche Übersetzung gab es jedoch erst 1957. Die »Zeit« hat den Roman jetzt in ihre »Bibliothek der Verschwundenen Bücher« aufgenommen, unter anderem weil er ursprünglich nur zusammen mit einer weiteren Erzählung erhältlich war – eine Verschränkung, die nach der Meinung von Jens Jessen, der das Nachwort zu der Ausgabe verfasst hat, dem Werk etwas von seiner Vielschichtigkeit nimmt.
Der Roman ist hauptsächlich wegen Faulkners Sprache ein Genuss zu lesen. Seine langen, abschweifenden Sätze, die er fast immer komisch konsequent zu Ende führt, haben ganz klar auch T. C. Boyle beeinflusst. Wem sie zu kompliziert zu lesen sind, hält Jens Jessen im Nachwort der Ausgabe fest, »ist für die moderne Literatur vielleicht überhaupt verloren«. Faulkner schafft es in »Wilde Palmen«, selbst die an sich banale und sicher nicht einzigartige Geschichte einer gescheiterten Liebe auf eine Art darzustellen, als ginge es um einen verlorenen Krieg.
William Faulkner: Wilde Palmen | Deutsch von Helmut M. Braem und Elisabeth Kaiser
Eder & Bach 2015 | 202 Seiten | Jetzt bestellen
Liebe Sabine –
die Übersetzung, schreibst Du (ohne den Übersetzer zu nennen – ts ts), stammt aus dem Jahr 1957, und das macht mich sehr skeptisch, denn die alten Faulkner-Übersetzungen (Diogenes) sind durchweg so grauenhaft, dass sie einem die Freude an diesem großartigen Stilisten nehmen können.
Hallo Dirk,
wir nennen die Übersetzer ja immer. Aus guten Gründen, wie Du weißt. Ich füge die Namen der Übersetzer spätestens beim Einpflegen der Texte hinzu, falls eine(r) unserer AutorInnen mal vergessen hat sie zu erwähnen (was selten vorkommt). In diesem Fall habe ich bei Eder & Bach keine Infos bezgl. Übersetzung finden können. Ärgerlich, ich weiß. Aber ich mache mich nochmal schlau und füge die entsprechende Info hinzu, wenn ich sie bekomme.
Nachgereicht: Die Übersetzung stammt von Helmut M. Braem und Elisabeth Kaiser, die auch in der Diogenes-Ausgabe von 1982 als Übersetzer genannt werden. Also keine Neuübersetzung.