Christopher Moore: NoirIn ihrem Abendkleid aus grünem Satin, mit den roten Haaren, die hoch aufragten und dann über ihre Schultern wallten, sah sie aus wie eine Tube roter Farbe, die jemand in der Mitte zusammengequetscht hatte. Neben ihr wirkte Sal Gabelli in seinem zerknitterten Anzug wie eine Schwarz-Weiß-Figur, die in einen Farbfilm gestolpert war – als gäbe es in dem Laden nicht genug Farbe für beide.

San Francisco 1947. Sammy »Two Toes« Tiffin arbeitet als Barkeeper in einer schmuddeligen Kneipe, die sich nicht gerade durch ihre auserlesene Kundschaft auszeichnet. Bis zu dem Nachmittag, an dem seine Traumfrau durch die Tür kommt. Die aufregende Blondine namens Stilton (wie der Käse) bleibt aber nicht der einzige ungewöhnliche Gast für diesen Tag. Nach ihr kommt ein General der Air Force namens Remy mit einem dringenden Anliegen in die Bar: Er benötigt eine Gruppe unschuldiger Mädchen vom Lande um auf einer Veranstaltung diverse VIPs zu unterhalten.

General Remy arbeitet übrigens auf einer Militärbasis in einem fernen Wüstengebiet in New Mexico, das den Namen Roswell trägt. Und dort gab es vor kurzem einen mysteriösen Flugzeugabsturz. Als Stilton verschwindet, macht sich Sammy auf die Suche nach ihr. Verfolgt von seltsamen Männern in schwarzen Anzügen.

Moore hat viele hervorragende Bücher geschrieben, aber »Noir« konnte mich nicht überzeugen. Zunächst einmal dauert es sehr lange, bis die Handlung überhaupt in Gang kommt. Außerdem arbeitet Moore nach seinem bewährten Rezept: sympathischer Loser gerät in Schwierigkeiten, schart eine Gruppe Exzentriker um sich und tritt zum Showdown an. Doch dieses Mal will die Formel nicht so recht aufgehen. Es geschieht zu wenig und was geschieht, ist nicht gerade aufregend.

Positiv sei vermerkt, dass viele Sprüche und Umschreibungen wieder einmal brillant sind und viel Spaß bereiten. Außerdem ist die Szenerie gut getroffen. In einem Nachwort beschreibt Moore seine umfangreichen Recherchen und die historischen Vorbilder. Moore bemüht sich, Sprache und Haltung der damaligen Zeit zu treffen. Vieles davon wirkt aus heutiger Sicht oft peinlich bis befremdlich, aber es schafft eine überzeugende Atmosphäre.

Berühmt wurde Moore in Deutschland vor allem durch seinen »Die Bibel nach Biff«, wobei ich Werke wie »Lange Zähne«, »Der törichte Engel« und »Ein todsicherer Job« für wesentlich besser und auch lustiger halte. »Noir« ist meiner Meinung nach eines von Moores schwächeren Büchern. Für Einsteiger nicht zu empfehlen, aber seine Fans werden es verschmerzen.

Ein paar Worte zum Cover. Es mag in der zweidimensionalen Ansicht nicht viel hermachen, aber die Gesamtgestaltung ist überaus gelungen. Die Aufmachung als abgegriffenes Taschenbuch wird durch aufgedruckte Knicke auf dem Buchrücken noch verstärkt. Eine wirklich nette Idee und sehr gut umgesetzt.

Christopher Moore: Noir | Deutsch von Jörn Ingwersen
Goldmann 2018 | 416 Seiten | Jetzt bestellen