C. Thomas Flood (Tommy für seine Freunde) erreichte gerade die Schlussgerade eines feuchten Traums, als er von dem Getrappel und Geplapper der fünf Wongs aus dem Schlaf gerissen wurde. Geishas in Strapsen trollten sich unbefriedigt ins Traumland davon, während Tommy auf den Lattenrost des Bettes über ihm starrte. Der Raum war kaum größer als ein begehbarer Kleiderschrank. Die Betten waren in drei Etagen zu beiden Seiten eines schmalen Gangs aufgetürmt, in dem jeder der fünf Wongs gerade drängelnd versuchte, genügend Platz für sich zu ergattern, um sich eine Hose anzuziehen. Privatsphäre ist schon was Wunderbares, dachte er. Wie die Liebe ist auch die Privatsphäre am deutlichsten spürbar, wenn es an ihr fehlt.
Der junge Tommy Flood ist nach San Francisco gekommen, um ein berühmter Schriftsteller zu werden. Aus finanziellen Gründen muss er sich ein Zimmer mit fünf Chinesen teilen, die ihn alle für eine Aufenthaltserlaubnis heiraten möchten. Er übernimmt die Nachtschicht in einem Supermarkt, die ausschließlich mit Freaks und Nerds besetzt ist, und verliebt sich in seine Zufallsbekanntschaft Jody. Sie wurde gerade von einem alten und mächtigen Vampir gebissen. Während Jody lernen muss, wie man als Vampir überlebt, versucht Tommy seine erste längerfristige Beziehung zu bewahren. Doch der Vampir erhebt Anspruch auf seine Beute.
»Lange Zähne« ist weder eine reine Horrorgeschichte noch eine Mystery-Romanze oder eine Twilight-Parodie, sondern eine Komödie in einem ungewohnten Umfeld. Jody muss sich in ihrer neuen Rolle als Blutsaugerin zurechtfinden. Die Alltagsprobleme, mit denen sie sich herumschlagen muss, sind einfach köstlich. Noch besser haben mir Tommys Arbeitskollegen im Supermarkt gefallen, die ihre Nächte mit Kiffen und Truthahn-Bowling verbringen. Ihre Aktionen sind urkomisch zu lesen, obwohl man solchen Leuten in der Realität nicht begegnen möchte. Tommy steigt rasch zu ihrem Anführer auf. Mit diesen und anderen schillernden Nebenfiguren nimmt er den Kampf gegen den Vampir auf, um Jody zu retten. Deshalb kommt in diesem Buch auch die Spannung nicht zu kurz.
Dies war Mitte der Neunziger mein erster Roman von Christopher Moore und auch jetzt beim erneuten Lesen hatte er dieselbe Wirkung wie damals. Mit einigen Jahren Abstand hat Moore zwei Fortsetzungen geschrieben, die zeitlich direkt an die Handlung von »Lange Zähne« anschließen. »Liebe auf den ersten Biss« hat mich enttäuscht, da es nur ein Aufguss des ersten Buches ist, und die zweite Fortsetzung »Ein Biss sagt mehr als tausend Worte« (Wer denkt sich nur diese Titel aus?) bleibt deshalb vorerst noch im Regal. Aber Highlights wie »Ein todsicherer Job«, »Flossen weg«, »Der törichte Engel« und »Himmelsgöttin« seien jedem ans Herz gelegt.
Christopher Moore: Lange Zähne | Deutsch von Ute Thiemann
Goldmann 2007 | 384 Seiten | Jetzt bestellen