Anfang 2019 erschien im Conte Verlag eine Anthologie mit siebzehn verschiedenen Kriminalfällen, die mit dem Phänomen der übersinnlichen Fähigkeiten experimentierten und deren Magie einen im wahrsten Sinne des Wortes in die Geschichten zog. Bis heute zählt die Sammlung »Der unmögliche Mord und andere phantastische Kriminalfälle«, im Conte Verlag herausgegeben von Tanja Karmann, in meiner Erinnerung zu den Büchern, die die eigene Fantasie besonders herausfordern. Es ist bisher das einzige Buch, von dem ich auch ein Manuskript besitze. Die Kurzgeschichte »Knochen« von Christoph Steckelbruck hatte es mir seinerzeit besonders angetan. Hier tauchen die beiden skurrilen Ermittler Magrot und Koblenzka zum ersten Mal auf.

Nun habe ich mir endlich die Zeit genommen, den beiden beim Lösen eines noch rätselhafteren und merkwürdiger anmutenden Falles über die Schulter zu schauen. In seinem im selben Verlag erschienenen fantastischen Kriminalroman »PUK« werden die Lesenden Zeuge, wie Steckelbruck mit dem Genre spielt. Allein der Ermittler Magrot kommt einem unheimlich vor.

Magrot, sagt man, sei wie ein Geist. Er locke seltsame Dinge an. Und wirklich finden im wörtlichen Sinne solche Fälle zu Magrot, und so auch zu mir, die mit der Bezeichnung ›seltsam‹ nur schwach umschrieben sind.

Ihm stellt Christoph Steckelbruck jemanden zur Seite, der seit langem auf seinen großen Durchbruch wartet: den Autor Matthias Koblenzka. Er fungiert als Erzähler der Geschichte. Da er noch keinen einzigen Bestseller hervorgebracht hat, verdingt er sich bei den »Allgemeinen Reifenbacher Nachrichten«. Was ist passiert in der gleichnamigen fiktiven Stadt, in der die beiden Männer, die so gar nicht zusammenzupassen scheinen, ermitteln? Vor allem: wo befinden wir uns? Wie sieht diese Stadt aus?

Zwei Leichen werden gefunden, deren Beschreibung so bizarr anmutet, dass es einem gruselt und gleichzeitig die Mundwinkel nach oben zieht. In beiden Fällen wird Fremdeinwirkung ausgeschlossen und doch scheinen sie irgendwie zusammenzuhängen. Welche Rolle spielen der ewige Sitzenbleiber Hartmann Nisse und seine bekümmerte Mutter? Wer ist Hermann Poschwili wirklich? Die eigene Fantasie blüht, Koblenzka, pardon, Steckelbruck erzählt, wie die Geschichte weitergeht.

Wer nicht aufpasst, verliert im Verlauf der Handlung leicht den Überblick. Während man sich von einem Backenzahn verwirren lässt, der sich in der Hosentasche erwärmt, klebt Magrot in einer unangenehm riechenden silberfarbenen Substanz. Die Spuren führen in den geheimen Keller eines Richters und tief in die Vergangenheit. Ähnlich wie bei Edgar Allan Poe, Sir Arthur Conan Doyle oder E.T.A. Hoffmann nutzt Christoph Steckelbruck das unheimliche, unerklärliche Gefühl, das ein Verbrechen in uns auslöst.

Wenn dann noch PUK auf den Plan gerufen wird, kann man seinen rationalen Blick auf die beiden Verbrechen endgültig über den Haufen werfen. Der Waldgeist aus Shakespeares Sommernachtstraum? Herauszufinden, was der in dieser herrlich verrückten Kriminalfantasie zu suchen hat und warum man manchmal rückwärtsgehen muss, um vorwärtszukommen, lohnt sich. Es fühlt sich an, als überschreite man Grenzen, verschiebe seinen Fokus und tauche in etwas ein, was dem grauen Alltag plötzlich bunte Farbtupfer verpasst.

Christoph Steckelbruck: PUK | Deutsch
Conte Verlag 2020 | 186 Seiten | Jetzt bestellen