Toni Mahoni: Gebratene StörcheUngefähr zu dieser Zeit kamen ein paar nervige Gangster-Rapper aus Neukölln namens »Makro G.« in Drivers Studio, um dort Aufnahmen zu machen.

»Isch schlag in deine Fresse bis deine Knochen splittern,
dann knall isch deine Alte und kack ihr auf die Titten,
dein Leben is vorbei, also scheiß dir schon mal ein,
du denkst Makro G. und dein Puller wird klein!«

Diese und andere romantische Zeilen sollten sie in kürzester Zeit als leuchtende Sterne an den Hip-Hop-Himmel katapultieren. Davon träumten die kleinen Mistkäfer jedenfalls und führten sich dementsprechend auf. Es war eine herrliche Farce. Ich saß da, hörte mir ihr Gerede an und wünschte mir, ihre Väter kämen plötzlich aus ihren Verstecken gesprungen und würden jeden Einzelnen nach Strich und Faden verdreschen und in vernünftige Klamotten stecken. Und dann ab zum Kloputzen in ein Frauengefängnis, in dem es von so richtig fiesen Hardcore-Lesben wimmelte. Aber das blieb nur ein schöner Gedanke.

Dies ist der Auftakt zu einem von vielen schönen Abenteuern: Die jugendlichen Gangsta-Rapper nehmen ein Huhn, Haustier und Maskottchen des Musikproduzenten, als Geisel, um an ihre Bandaufnahmen zu kommen. Das Schwein für ein großes Grillfest wird lebendig geliefert und keiner will die Aufgabe des Henkers übernehmen. Ein Freund möchte unbedingt, dass der Storch vom Dach der Feuerwehr auf seinem eigenen Dach nistet. Der Fahrer bei einem Oldtimerrennen fällt aus und Mahoni muss einspringen.

Seine Freundin Peggy ist eine völlige Katastrophe, vor der jeder vernünftige Mensch sofort Reißaus nehmen würde. Sie verstopft Getränkeautomaten in Supermärkten mit Bauschaum, randaliert in Souvenierläden und bespeichelt Probierhäppchen in Kaufhäusern. All dies versteht sie unter Kapitalismuskritik. Im Verlauf des Buches wird sie etwas moderater, aber bis dahin hat sie bereits so viel Aufregung verursacht, dass sich ein gewöhnlicher Provokateur damit als Lebenswerk zufriedengeben würde.

Bei vielen Geschichten fragt man sich, ob man in der selben Situation auch nur einen Bruchteil der Nonchalance und des Stoizismus eines Toni Mahoni aufbringen würde, und meist lautet die Antwort »Nein«. Bei vielen dieser Situationen fragt man sich auch, ob man selbst in sie geraten würde, und die Antwort wäre wieder dieselbe.

Toni Mahoni ist das Pseudonym eines Berliner Video-Bloggers, der hier sein erstes Buch abliefert, in dem er selbst die Hauptrolle spielt. Eine Sammlung sehr kurzweiliger Geschichten aus dem turbulenten Alltag der vom Autor geschaffenen Kunstfigur. Die Hörbuchfassung punktet zusätzlich durch die rauchige, berlinernde Stimme des Autors. Wie ein gemütlicher Kneipenabend mit einem Geschichtenerzähler, der sein Geschäft versteht. Vergnüglich, voller kleiner Weisheiten und vor allem sehr, sehr sympathisch.

Toni Mahoni: Gebratene Störche | Hörbuch | Gelesen von Toni Mahoni
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