Taylor Adams: No ExitPlötzlich erblickte sie ein halb im Schnee verschwundenes grünes Schild in einer Böschung auf der rechten Seite. Im Licht der dreckigen Scheinwerfer des Honda kam es langsam auf sie zu: 365 TAGE SEIT DEM LETZTEN TÖDLICHEN UNFALL.

Die Zahl war wahrscheinlich aufgrund des Schneesturms nicht mehr ganz aktuell, aber es war schon irgendwie unheimlich: genau ein Jahr. Ein etwas finsterer Jahrestag. Das Ganze kam ihr ebenso morbide vor wie ihr etwas ausgefallenes Hobby, das Abpausen von Grabstein-Inschriften.

Nun tauchte ein weiteres Schild auf. RASTSTÄTTE 1 Meile.

Darby Thorne befindet sich auf dem Weg zu ihrer Mutter, bei der überraschend Bauchspeicheldrüsenkrebs festgestellt wurde und die noch in dieser Nacht operiert werden muss. Deshalb nimmt Darby die nächtliche Fahrt durch die Berge Colorados auf sich, während ein verheerender Schneesturm tobt. Als die Scheibenwischer ihres Autos streiken und ihr Handyakku fast leer ist, hält sie an einer abgelegenen Raststätte, in der auch vier weitere Reisende gestrandet sind. Gemeinsam sitzen sie dort fest und müssen auf die Räumfahrzeuge warten.

Trotz der Minustemperaturen wagt sich Darby nach draußen, weil es dort angeblich Handyempfang gibt. Sie will unbedingt Kontakt mit ihrer älteren Schwester aufnehmen, die im Krankenhaus bei ihrer Mutter wartet. Auf dem Weg glaubt sie in einem der Fahrzeuge eine Kinderhand hinter der vereisten Scheibe zu sehen. Als sie näher herangeht, erkennt sie die Umrisse eines Käfigs im Inneren, aber sie kann nichts Genaues erkennen und das Fahrzeug ist verlassen.

Darby sieht die übrigen Gestrandeten in der Raststätte plötzlich mit anderen Augen. Wem von ihnen gehört das Auto? Wird darin tatsächlich ein Kind gefangen gehalten oder spielen ihr ihre überreizten Sinne einen Streich?

Die Ausgangssituation ist unglaublich spannend. Unterschiedliche Charaktere auf engem Raum gefangen und einer von ihnen ein Verbrecher, ich mag sowas. Außerdem ist das Cover ein wahrer Blickfang und verspricht einen unterhaltsamen Thriller.

Autor Adams ist Drehbuchautor und so verläuft diese Geschichte leider wie eine Filmvorlage der eher schlichten Art. Die (gelungenen) überraschenden Wendungen sind schnell aufgebraucht und alles läuft auf einen sehr langen Showdown zwischen Darby und dem Bösewicht hinaus, die sich in der verschneiten Wildnis bekämpfen. Mehr Survivalthriller als kriminalistisches Kammerspiel also. Das hätte man wesentlich raffinierter inszenieren können. Nach einem vielversprechenden Beginn und einem soliden Mittelteil traf das letzte Drittel meinen Geschmack überhaupt nicht mehr. Nur ganz am Ende spannt der Autor den Zuhörer noch einmal recht geschickt auf die Folter, aber wie, das darf ich natürlich nicht verraten.

Fazit: »No Exit« bietet während des Hörens durchgehend kurzweilige Unterhaltung, hinterlässt aber keinen bleibenden Eindruck und kann direkt im Anschluss wieder vergessen werden. Als Buch ist der Roman im Heyne Verlag erhältlich.

Taylor Adams: No Exit | Deutsch von Angelika Naujokat
Gelesen von Britta Steffenhagen | Dauer: 8:34 Std.
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