Tamsyn Muir: Ich bin GideonGideon Nav ist eine junge Schwertkämpferin mit unbekannter Herkunft, die auf einem düsteren Planeten namens Drearburh lebt. Sie ist Dienerin des Neunten Hauses und befindet sich in einer Dauerfehde mit Harrowhark Nonagesimus, der Erbin jenes Hauses. Als sie versucht, ihre Heimat ohne Erlaubnis zu verlassen, muss sie als Strafe für ihren Fluchtversuch ausgerechnet Harrowhark an den kaiserlichen Hof begleiten, wo alle Erben der royalen Häuser einen Wettkampf auf Leben und Tod führen sollen.

Der letzte Paladin des Imperators ist verstorben und seine Stelle muss neu besetzt werden. Ein verlockender Gewinn, doch eine Niederlage bei dem Wettbewerb würde den Untergang des Neunten Hauses und des gesamten Planeten bedeuten, also müssen die beiden jungen Frauen zusammenarbeiten.

Während des Wettbewerbs müssen die auserwählten Vertreter der Häuser gezwungenermaßen zusammenleben, spinnen Intrigen gegeneinander, laden sich gegenseitig zum Essen ein, um lange Gespräche zu führen, und tragen Duelle aus, denn schließlich sind sie ja Schwertkämpfer. Als weitere Herausforderung müssen sie Schlüssel suchen, durch die sie ihre Aufgabe bewältigen können, und werden gleichzeitig von einem Killer bedroht, der die Anwärter nacheinander zu töten versucht. Zustände also, wie an jeder amerikanischen High School.

»Ich bin Gideon« ist ein Debütroman und natürlich nur der erste Teil einer Serie. Eine Unsitte, die besonders in den Bereichen Fantasy und Science Fiction herrscht. Jede Geschichte erscheint mindestens als Trilogie, aber lieber noch als Zyklus. Leider reichen die Geschichten meistens nicht für diese langen Strecken und werden deshalb künstlich aufgebläht.

Aber zuerst die guten Eigenschaften dieses Buches: Das Cover ist hervorragend und hat mich dazu verleitet, mich diesem Hörbuch zu widmen. Das Cover der Fortsetzung, falls man wieder das Original übernimmt, wird sogar noch besser.

Der Hintergrund dieser Fantasywelt ist ebenfalls recht gelungen, wenn auch nicht völlig neu. Nekromanten erzeugen Thanergie aus totem Körpergewebe, Skelette werden »zum Leben erweckt«, um die Funktion von Robotern zu übernehmen, und das Herrscherehepaar des Neunten Hauses ist bereits gestorben, wird aber von der eigenen Tochter wie Marionetten am Leben gehalten, um weiter die Kontrolle ausüben zu können. Die vielen netten Ideen kann man dem Roman nicht absprechen.

Kommen wir zum Rest: Als »alter weißer Mann« gehöre ich sicher nicht zur Zielgruppe für aufmüpfige Gören mit Schwertern, ich denke aber, das Hauptproblem liegt darin, dass dieses Buch sehr langweilig ist. Die Sprecherin des Hörbuchs bringt zwar den schnoddrigen Ton der Erzählerin Gideon sehr überzeugend rüber, kann aber auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die »coolen« Sprüche eher pubertär und albern sind.

Junge Leserinnen und Leser mögen an diesem Buch Gefallen finden, weil ihnen die Vergleiche fehlen. Ich selbst war in meiner Jugend ein Fan von Dean Koontz, der wirklich jede Handlung und jeden Gedanken seiner Figuren niederschreibt. Damals hat es mich nicht gestört, im Gegenteil, ich fand es eine ganze Weile lang sehr interessant, bis ich andere Autoren kennenlernte und feststellte, dass solche Figuren eben auch sehr kluge Gedanken haben können.

Nach dem ersten Viertel dieses Hörbuchs, in dem nichts geschehen ist, was ich nicht schon durch die ersten Sätze des Klappentextes erfahren habe, traf ich den Entschluss, mir die übrigen 15 Stunden zu schenken.

Tamsyn Muir: Ich bin Gideon | Deutsch von Kirsten Borchardt
Gelesen von Dagmar Bittner | Dauer: 20:34 Std.
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Taschenbuchausgabe:
Tamsyn Muir: Ich bin Gideon | Deutsch von Kirsten Borchardt
Heyne 2020 | 608 Seiten | Jetzt bestellen