Sechs Monate später klingelte mein Handy genau in dem Moment, als sich ein junger Ladendieb bei dem Versuch, sich meiner Handschellen zu entledigen, hoffnungslos auf dem Rücksitz meines Wagens verheddert hatte, während eine rasch anwachsende Schar von neugierigen Bürgern sich in vereinter Empörung versammelt hatte und mich mit Handykameras und erbitterten Hass umkreiste. Am anderen Ende war Stella, und ihre Stimme triefte vor alter Abneigung, als würde sie beim Sprechen reuevoll ein Foto von mir betrachten. Aldo hatte sie auf ihrer Hochzeit angegriffen, sagte sie, und sich anschließend ins Koma gesoffen.

Der Erzähler Liam Wilder versucht sich als Schriftsteller und wird dabei eher zufällig zum Polizisten. Ein Job, für den er ein gewisses Talent aufbringt, und der ihm immer wieder dazu dient, seinen Freund Aldo zu retten. Ein Bekannter wie Aldo Benjamin erübrigt fast ein eigenes Leben, da man ununterbrochen damit beschäftigt ist, ihm aus der Patsche zu helfen oder hinter ihm aufräumen muss. Liam hat alle Hände voll zu tun. Aber er nutzt auch seinen Weisheiten aussprudelnden Freund als ständigen Quell für die eigene Inspiration.

Anfangs muss man sich etwas an den Erzählton gewöhnen. Die Handlung springt wild umher, wie ein Rodeobulle mit Migräne. Aber wenn man erst einmal in den Fluss eingetaucht ist, wird man ohne Gegenwehr mitgerissen. Man ist fasziniert von der Pechserie, die Aldo sein Leben nennt, und immer gespannt, was wohl als nächstes über ihn herniederbricht. Ebenso ist man neugierig, wie lange Liam dies wohl noch mitmachen wird.

Das Buch ist gleich in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich, ohne dass ich diesen Umstand genau beschreiben könnte. Man hat immer wieder das Gefühl, als Leser zurückgestoßen zu werden, weil sich das Buch einer leichten Lektüre verweigert. Aber genau das macht es nur attraktiver, ja geradezu unwiderstehlich.

Steve Toltz: Fließsand oder Eine todsichere Anleitung zum Scheitern
Deutsch von Klaus Timmermann und Ulrike Wasel
DVA 2016 | 528 Seiten | Jetzt bestellen