Stefanie Gregg: Duft nach WeißDas Thema Osteuropa in Form von Bulgarien sollte die Leser nicht abschrecken, nach dieser Lektüre zu greifen. Denn es verbirgt sich ein romantischer, spannender und Freiheit betonender Roman hinter dem Titel.

Im Mittelpunkt steht Anelija und ihre Familie. Zu Beginn begegnet ihr der Leser auf der Ladefläche eines Kühllasters, wo ihr just in dem Moment eine Kiste mit Pflaumen auf den Kopf fällt. Anelija flieht aus ihrem Heimatland Bulgarien. Sie ist auf dem Weg nach Deutschland. Im Laufe der Geschichte erfährt der Leser, wie und warum es zu dieser Flucht gekommen ist.

In ihrem Buch hat Gregg einen großen Erzählbogen über vier Jahrzehnte gezogen, der sich von den 1960er bis zu den 1990er Jahren erstreckt. Dabei benutzt sie drei Erzählstränge, die sich kapitelweise abwechseln. Jetzt wäre es zwar ein Leichtes, sich jeden Strang einzeln vorzunehmen, um zu erfahren, was da geschieht. Jedoch würden dem Leser dann Fragen kommen, für deren Beantwortung er den Inhalt der anderen Stränge benötigt.

So baut die Autorin eine Spannung auf, die den Leser fesselt. Davon abgesehen, dass der Strang um den Schriftsteller und Dissidenten Georgi Markow beinahe einem Thriller gleichkommt. Da ich Bulgarien aus eigenem Erleben gut kenne und viele Freunde dort hatte, die heute zum Teil in den USA leben, fand ich die Beschreibung der bulgarischen Lebensverhältnisse ausgesprochen gut beschrieben. Das Leben in Zeiten des Sozialismus, die Angst vor dem Verrat, obwohl die Misswirtschaft erkenn- und spürbar war, das »sich einrichten« in einer ungerechten Welt, die Gastfreundschaft – das alles wird immer wieder mit passenden Symbolen und Metaphern bildgewaltig dargestellt.

Eine besondere Rolle kommt dem Titel des Buches zu, der sich wie ein roter Faden durch die gesamte Handlung zieht. Meisterhaft und poetisch erinnert Gregg damit immer wieder an das Grundthema »Freiheit«. Die Lektüre dieses Romans ist ein Genuss. So mancher Leser, der nah am Wasser gebaut hat, sollte sich eine Packung Papiertaschentücher bereitlegen.

Stefanie Gregg: Duft nach Weiß | Deutsch
Pendragon 2016 | 320 Seiten | Jetzt bestellen