Jimmy Rabbitte wusste, wo die Musik spielte, da konnte ihm keiner was vormachen. Über Moby machte Jimmy schon dumme Sprüche, ehe die meisten Leute überhaupt angefangen hatten, ihn gut zu finden.
Als er mal hörte, wie zwei Kids in der S-Bahn sich über Leftfield unterhielten, konnte er ihnen guten Gewissens sagen, dass sie Blödsinn verzapften, weil er wusste, dass er recht hatte. Jimmy wusste auch, dass es schon wieder cool war, sich für das letzte Album von Radiohead starkzumachen, weil es so schlecht war, tat es aber nicht. Dazu war es für die Mode einfach zu wichtig.
Hiphop, Jungle, Country, Big Beat, Swing – Jimmy liebte und hasste das alles. Aber er war sechsunddreißig, hatte drei kleine Kinder und eine Frau, die im sechsten Monat und total unmusikalisch war.
Wem der Name bekannt vorkommt, Jimmy Rabbitte war eine der Hauptfiguren in Doyles Buch »The Commitments«, dessen Verfilmung durch Alan Parker vor zwanzig Jahren die Programmkinos flutete. Schon allein um zu erfahren, wie es mit Jimmy weiterging, lohnt sich die Lektüre des Buches.
Aber es gibt noch viele andere lesenswerte Geschichten in diesem Band. Der brave irische Familienvater, der den eigenen Rassismus erkennen muss, als seine Tochter ihren nigerianischen Freund zum Essen mitbringt. Der Einwanderer aus Ghana, der beim irischen Einbürgerungstest 97 Prozent richtige Antworten erreicht und damit die meisten »Ureinwohner« hinter sich lässt. Die polnische Babysitterin, die von ihrer Arbeitgeberin aufs Bösartigste gequält wird.
Doyle zeigt Menschen, die aus unwürdigen Verhältnissen entflohen sind und sich in das gelobte Land aufgemacht haben (als das Irland nach dem Wirtschaftsaufschwung in den Neunzigern zählte), um festzustellen, dass es in der Realität wesentlich weniger einladend ist. Genüsslich werden Klischees und Vorurteile abgeklopft, ohne die dunklen, unerfreulichen Seiten zu verschweigen.
Die acht Kurzgeschichten entstanden durch Doyles Bekanntschaft mit den Herausgebern einer multikulturellen Zeitschrift namens »Metro Eireann« und jede von ihnen befasst sich mit den Themen Rassismus, Zuwanderung und Integration, aber auf sehr unterschiedliche Weise. Die Geschichten sind nicht immer bequem und haben keine Happy-End-Automatik, aber genau das macht ihren Reiz aus.
Alle Qualitäten wie Dialogwitz und zwischenmenschliche Wärme, die man bei Nick Hornby schätzt, sind auch bei Roddy Doyle vertreten. Verbunden mit einer Sozialkritik, die nie moralisierend oder belehrend wirkt, aber umso nachhaltiger ist.
Roddy Doyle: Typisch irisch | Deutsch von Renate Orth-Guttmann
Hanser 2011 | 288 Seiten | Jetzt bestellen