reise_nach_kalino»Unsere Mitmenschen da draußen wollen kein Gold mehr, sondern ein hübsches Gesicht und das Gefühl, dass sie so bis in alle Ewigkeit weitermachen können …« (F. Osmos, Gründer von Kalino)

Die Geschichte mutet genauso mysteriös wie futuristisch an. Der erfolglose und altmodische Detektiv Julius Werkazy wird an einen Ort gerufen, den bis dahin kein Fremder vor ihm betreten hat. Der Ort heißt Kalino und ist von der übrigen Welt isoliert. Seine Bewohner haben sich eine völlig neue Wirklichkeit erschaffen. Sie sterben nicht, sind scheinbar nicht älter als dreißig Jahre und sehen überdurchschnittlich gut aus. Ihre Mobil-Telefone heißen »Gerlan«, sorgen für sogenannte »sympathische Unterbrechungen« und können weit mehr als unser geliebtes Smartphone.

Nicht nur der Gründer von Kalino, F. Osmos, ist über Gebühr reich. Die Polizisten heißen Perfektionsdiener; mit ihnen sollte man sich auf keinen Fall anlegen.
Kneipen sind Entspannungslokale, in denen vorher geübte Simulationen zwischen Mann und Frau stattfinden, die nachher im Geschlechtsakt enden. Die Häuser haben keine Fenster. Mit einem Translokationsschirm behält Osmos den Überblick, Probleme beseitigt er mit Extraktionen.

Die Kalinianer sind überdurchschnittlich intelligent. Ihr eigener typischer Lebensstil kommt Werkazy ebenso skurril vor wie dem Leser. Sie trinken gern einen »Dreifinger«, die Kühlschränke können sprechen, und auch die Autos (K-Mobile) nehmen Befehle ihrer Besitzer entgegen.

Eines Tages erschüttert ein Mord das Zweitausenddreihundertfünfundvierzig-Seelen-Örtchen Kalino. Um diesen aufklären zu können, muss Werkazy das Rätsel des kalinianischen Lebensstils lösen. Während seiner unkonventionellen Ermittlungen bricht die scheinbar heile, wundersam technisierte Plastik-Welt der reichen und schönen Unsterblichen auseinander. Und: Werkazy erfährt, dass Osmos ihn ganz bewusst verpflichtet hat.

Radek Knapps Sprache in der Detektiv-Geschichte »Reise nach Kalino« ist so phantasievoll wie die Story selbst. Voller Spannung taucht der Leser in die Satire von der schönen neuen Welt ein, wie sie sich wohl nicht nur die Reichen und Schönen aus Osteuropa erträumen. Bizarr mutet sie an, diese Gesellschafft, wenig erstrebenswert, wie der Leser recht schnell bemerkt.

Dennoch sind ihre Auswüchse amüsant und reizen, seine eigenen Wertvorstellungen zu hinterfragen. Bis die Ereignisse eine unerwartete Wendung nehmen, die Lager sich ein wenig zu offensichtlich in Gut und Böse teilen und ein paar zu konstruierte Zufälle in James-Bond-Manier helfen, den Fall zu lösen. Gut, dass der Spaß dennoch die Oberhand behält. Und der beschert uns einen guten Unterhaltungsroman mit einem Happy-Ending.

»Sie sollten sich freuen«, sagte Werkazy. »Keine Simulationen mehr, keine Gerlans oder sympathische Unterbrechungen. Und vor allem keine Osmos. Ab jetzt können sie ihr Leben in eine Vergangenheit und eine Zukunft einteilen.«

Wiweka betrachtete noch einmal den Holundersaft. In ihren Augen stand Ratlosigkeit, aber keineswegs Resignation.

Radek Knapp: Reise nach Kalino | Deutsch
Piper 2012 | 256 Seiten | Jetzt bestellen