R. Clifton Spargo: Beautiful Fools – Zelda & F. Scott Fitzgerald»Ich bin immer noch deine Zukunft, Zelda«, sagte er, »und du bist immer noch die meine.«

Die tragische Liebe zwischen F. Scott Fitzgerald und seiner Frau Zelda wurde immer wieder von verschiedenen Autoren thematisiert. Mir fiel zu dem amerikanischen Schriftsteller bisher nur die mehrfach verfilmte Geschichte vom »Großen Gatsby« ein. Über seine Frau Zelda Sayre war mir nichts bekannt. Der Roman von R. Clifton Spargo mit dem Titel »Beautiful Fools – Zelda & F. Scott Fitzgerald«, erschienen im Verlag ebersbach & simon, schließt diese Lücke auf sehr berührende Art und Weise.

Auf den ersten Blick beschreibt der promovierte Literaturwissenschaftler und Essayist Spargo eine Ehekrise in den mittleren Jahren. Auf das Glamourleben des Paares und dessen Hoch-Zeit in den sogenannten Roaring Twenties Amerikas blickt er allenfalls in seinen Nebensätzen und wohl dosierten Bemerkungen zurück. Im Jahr 1939 unternehmen Zelda und F. Scott Fitzgerald eine gemeinsame Urlaubsreise nach Kuba. Es war ihre letzte Reise, getragen von Hoffnung, die sich am Ende nicht erfüllte.

Zelda Fitzgerald ist eine Künstlerin, die ebenso um ihre Freiheit kämpft wie um die Zuneigung ihres Mannes. Sie ist seit Jahren psychisch krank und muss sich immer wieder in stationäre Behandlungen begeben. Scott finanziert die Klinikaufenthalte, obwohl er seit langem nichts Erwähnenswertes veröffentlicht hat und knapp bei Kasse ist. Zudem ist Fitzgerald Alkoholiker und ringt mit den Nachwirkungen einer Tuberkulose. Regelmäßig plagt ihn die Übelkeit. Seine Geliebte, eine Klatschkolumnistin, wartet darauf, dass er seine Frau verlässt. Weil jedoch Zelda an einer in der Klinik organisierten Gruppenreise nach Kuba nicht teilnehmen konnte, reist Scott mit ihr dorthin.

Die Leser*in erlebt Kuba mit all seinen Gegensätzen: Fulgencio Batistas beginnende Macht, schlechte Straßen neben traumhaften Stränden, berauschende Partys von ausländischen Staatsbürgern und ihren einheimischen Beratern mit Alkohol und Drogen und die trostlose Armut der Bettelnden. Dass manchen Kubanern die Faschisten um Franco näher sind als die ausbeutenden Amerikaner thematisiert Spargo in einem seiner Nebenschauplätze. Hier freunden sich die Fitzgeralds mit einem ehemaligen Soldaten der Zweiten Spanischen Republik und dessen Retterin an.

Ein andermal bricht der Autor erneut mit dem leisen Ton des Romans. Man rätselt über die Rolle eines links orientierten Sohnes einer privilegierten Familie, der das amerikanische Paar offensichtlich für vermögend hält. Zelda und Scott werden in Intrigen verwickelt. Zelda begegnet einer zahnlosen Wahrsagerin, die keine großen Geheimnisse verrät. Nur Hemmingway taucht nicht auf. Das kann man bedauern oder auch nicht – allein die Konflikte zwischen Zelda und Scott wiegen schwer. Einerseits möchte Zelda ihrem Mann „ganz gehören“, andererseits reagiert sie auf seine Kritik unberechenbar und wirft ihm sein Verhalten so lange vor, bis er seinen Narzissmus zugibt. Daraufhin will sie sich ihm ganz hingeben und er versichert ihr, sie nicht zu verlassen.

Alles endet in einem symbolisch aufgeladenen Hahnenkampf, von dem Scott verletzt und fast bewusstlos zurückkehrt. Zelda gelingt es, ihn nach Amerika zurückzubringen. Vorübergehend wächst sie über sich hinaus und begegnet ihm auf Augenhöhe wie einst.

R. Clifton Spargo inszeniert seinen Roman feinfühlig und weitsichtig. Es scheinen zwar alle möglichen Andeutungen von Schuld und Vorwürfen omnipräsent, doch der Autor übergeht sie bewusst. Immer wieder fühlt man diese plötzliche zerbrechliche Nähe. Spargo beschreibt psychologisch überzeugend, wie beide sich miteinander aber auch gegenseitig quälen und doch spüren, dass sie zusammengehören. Einerseits schmerzen die unüberwindbaren Gegensätze, andererseits vergeht man nahezu vor der herzzerreißenden Zuneigung der beiden zueinander. Literarischer Hochgenuss, der differenziert und einfühlend auf das Glamourpaar von einst schaut.

Der Roman wurde von Heddi Feilhauer aus dem Amerikanischen ins Deutsche übersetzt. Gut, dass der englische Originaltitel beibehalten wurde, denn die Fitzgeralds waren alles andere als »Narren«. Während der Untertitel im Original »The Last Affair of Zelda and Scott Fitzgerald« heißt, begnügt sich die Übersetzung mit den Namen. Weder »Affäre« noch »Abenteuer« hätten die letzte Geschichte des Paares treffend und feinfühlig überschreiben können. R. Clifton Spargos Buch bereichert die literarische Welt der Paare um ein weiteres und wirkt lange nach.

R. Clifton Spargo: Beautiful Fools – Zelda & F. Scott Fitzgerald | Deutsch von Heddi Feilhauer
ebersbach & simon 2021 | 352 Seiten | Jetzt bestellen