Es ging um einen Goldsucher in Kalifornien, Hermann Kermit Warm. Den sollten wir finden und töten. Charlie zog einen Brief aus der Jackentasche. Der Brief war von einem Scout des Kommodore, einem Lackaffen namens Henry Morris, der uns oft vorausritt, um zusätzliche Informationen zu sammeln. (…)
»Er ist ein Einzelgänger, frequentiert aber oft die Saloons von San Francisco, wo er seine wissenschaftlichen und mathematischen Bücher liest und selbige am Rand mit allerlei Zeichnungen versieht. Diese Bücher trägt er beständig mit sich (an einem Büchergurt wie ein Schuljunge!) und erntet deswegen nicht selten Hohn und Spott. Außerdem ist er klein von Gestalt, was der ganzen Farce die Krone aufsetzt. Doch ist Vorsicht geboten, denn er duldet es nicht, wegen seiner Größe verlacht zu werden, und ich habe ihn etliche Male in Raufhändeln erlebt. Wiewohl er in diesen gemeinhin unterliegt, darf bezweifelt werden, ob seine Kontrahenten auf eine Wiederbegegnung mit ihm erpicht sind. So schreckt er zum Beispiel nicht davor zurück, seine Gegner zu beißen.«
Der gutmütige Eli und sein brutaler Bruder Charlie reisen als Killer durch den Wilden Westen. Sie sollen für den Kommodore einen Goldsucher ausfindig machen, der im Besitz einer geheimnisvollen Formel ist. Doch geplagt von Zahnschmerzen, untauglichen Pferden und unerfüllter Liebe gerät ihr eigentlicher Auftrag immer mehr in den Hintergrund.
Der Roman besticht durch die gegensätzlichen Hauptfiguren und all die schmutzigen Details der damaligen Zeit, die man in Hollywood-Western vergeblich sucht: Die erste Begegnung mit einer Zahnbürste, die Augenoperation an einem Pferd und die Preispolitik in Goldgräberstädten. Die eigentliche Geschichte dagegen kommt nur sehr langsam in Gang und ist zunächst auch nicht weiter erwähnenswert. Die Jagd nach Hermann Warm dient nur dazu, die beiden Brüder mit möglichst vielen Leuten in Kontakt zu bringen und so begegnen sie auch allerhand skurrilem Westernpersonal.
Erst im letzten Viertel nimmt die Handlung noch einen überraschenden Verlauf und die Spannung steigt gehörig. Langsam, beinahe unmerklich, verwandelt sich die anfängliche Freakshow in ein berührendes Drama und angesichts der nicht abreißenden Flut an Schicksalsschlägen und Verlusten merkt man, wie sehr man sich mit den beiden Galgenvögeln angefreundet hat. So lässt einen das Buch am Ende recht wehmütig zurück.
Keine unverzichtbare Lektüre, aber eine vergnügliche und empfehlenswerte. Und ein netter Vorgeschmack auf den neuen Tarantino-Film »Django unchained«.
Patrick deWitt: Die Sisters Brothers | Deutsch von Marcus Ingendaay
Manhattan 2012 | 352 Seiten | Jetzt bestellen