Nic Pizzolatto: Galveston»Galveston« ist der Debütroman des Autors der amerikanischen Serie »True Detectives«. Nic Pizzolatto schildert eine spannende Geschichte aus dem Verbechermilieu. Sein Buch ist dennoch kein Kriminalroman.

Im Mittelpunkt steht der Geldeintreiber und Killer Roy Cady, wegen seiner hünenhaften Erscheinung Big Country genannt. An dem Tage, als er von seinem Arzt erfährt, dass er wegen Lungenkrebs bald sterben wird, schickt ihn sein Chef zu einem Auftrag, Er soll dieses Mal aber keine Waffen mitnehmen. Als er mit seinem Kollegen Angelo dort eintrifft, wo sie das Geld einkassieren sollen, treffen sie die männliche Zielperson tot an. Noch im selben Moment werden beide angegriffen, es wird auf sie geschossen. Während Angelo tödlich verletzt wird, erledigt Big Country die unbekannten Gegner, wird dabei aber ebenfalls verletzt. Im Chaos trifft er auf eine verängstigte junge Frau.

Big Country vermutet, dass er in eine Falle gelockt wurde und nimmt sich in der ersten Reaktion der jungen Frau mit Namen Raquel, genannt Rocky, an. Die erkennt ihre Chance, zusammen mit ihrem »Retter« aus ihren bisherigen Verhältnissen zu fliehen. Alle Versuche Roy Cadys, Rocky wieder loszuwerden, scheitern. Sie hängt sich wie eine Klette an ihn, erzählt ihm eine neue rührselige Geschichte nach der anderen. Weil Big Country weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat, zählt für ihn nur eines: Rocky und sich außer Reichweite seines Chefs zu bringen und sich dann an diesem zu rächen. Denn nur er kann ihn in die Falle gelockt haben.

Pizzolatto hat seinen Roman aus der klassischen Ich-Perspektive eines verlotterten Privatdetektivs erzählt. Zwar ist der Protagonist kein solcher, aber er ist ähnlich heruntergekommen, fühlt sich ähnlich schlecht, sehnt sich nach einer Familie und hat die letzten Tiefschläge durch die Todesnachricht seines Arztes und den Anschlag auf ihn bekommen. Kurzum: Er ist ein Verlierertyp durch und durch. (In Hollywood wäre aus meiner Sicht Tommy Lee Jones der geeignete Schauspieler.) Die Geschichte ist stimmig und überzeugt. Die ungewöhnliche Figur des Protagonisten hat ihren besonderen Reiz und bricht jedes Klischee. Aber auch Rocky, die frech und rotznäsig in die Szenerie einsteigt, wächst im Laufe der Geschichte und versucht, ihrer Verliererrolle zu entkommen.

Die raffinierte Montage der Geschichte, die Ende der 1980er Jahre beginnt und zwölf Jahre später endet, schafft einen besonderen Spannungsbogen. Die Frage, ob man einen Killer mögen kann, stellt sich hier nicht. Ein sehr zu empfehlender Roman.

Nic Pizzolatto: Galveston | Deutsch von Gunter Blank
Blanvalet 2016 | 288 Seiten | Jetzt bestellen