»Was wirklich passiert ist, ist egal. Was ich schreibe ist wirklich passiert. Und rate mal, was? Ich bin immer der Held«, schrieb Charles Bukowski einst.
Tagebücher sind so eine Sache. Besonders, wenn der Schreiber darauf spekuliert, sie eines Tages zu veröffentlichen. Es liegt nun mal in der Natur der Sache, dass die Sichtweise eines Tagebuchschreibers recht eingeschränkt ist. Gerade wenn er in der Welt der Showgeschäfts lebt, wie Michael Palin, ehemaliges Mitglied der Comedytruppe Monty Python.
Palin, dessen größte Stunde schlug, als er vor mittlerweile vier Jahrzehnten den legendären »Lumberjack-Song« schmetterte, drehte nach Monty Python noch viele mehr oder weniger gute Filme, schrieb amüsante Reisebücher und konnte sich, wie seine einstigen Kollegen, auch als Solist etablieren. Trotzdem wird er trotz all seiner Erfolge immer im Schatten seines größten Erfolgs stehen. Ein Schicksal, dass er mit den restlichen Pythons teilt.
Die Gruppe war schon damals ein Segen und ein Fluch, enthüllt er in seinen Tagebuchaufzeichnungen jener Jahre. Nach dem Ende der Fernsehserie »Monty Python’s Flying Circus« wollte eigentlich jeder seiner eigenen Wege gehen. Doch der immense Erfolg, der eine Eigendynamik entwickelte, die alle Erwartungen übertraf und sogar über den Ozean nach Amerika schwappte, brachte die Truppe immer wieder zusammen. Auch John Cleese, nach dem Erfolg seiner eigenen Serie »Fawlty Towers« ein gemachter Mann, konnte sich dem nicht entziehen.
Monty Python war einer jener seltenen Glücksfälle, in dem das Ganze größer war, als die Summe seiner Teile – was für sechs ausgeprägte Individualisten eine bittere Erkenntnis war. Es war fast eine Zwangsgemeinschaft, die erst mit dem Tod Graham Chapmans endete. Palin liefert einen interessanten Blick auf die Gruppendynamik der Pythons. Da war John Cleese, der von allen bewundert wurde; Terry Jones, sein Widersacher; Graham Chapman, schwul, genial und selbstzerstörerisch; Eric Idle, ganz ein Kind der 70er, Terry Gilliam, der immer etwas abseits stand und schließlich Palin selbst, der Bodenständige.
Natürlich kommen auch Freunde des Klatschs nicht zu kurz. Palins erster Flug mit der Concorde, ein Besuch bei den Rolling Stones, die Freundschaft mit George Harrison, eine Nacht im legendären Studio 54 – all das ist der Stoff, aus dem Memoiren sind. Oder mit dem man prima Tagebücher füllen kann. Insofern sind Palins Erinnerungen auch ein nostalgischer Blick zurück auf die 70er, in denen das Leben so viel einfacher erschien.
Hübsch ist zum Beispiel die Schilderung eines missglückten Sketchs, an dessen Ende Palin mit einer von Katzenscheiße besudelten Hose vor einem Millionenpublikum stand. Natürlich war der Auftritt ein voller Erfolg. Amüsiert und staunend betritt der einstmals unbekannte Gagschreiber die Welt der Reichen und Schönen, doch immer als distanzierter Beobachter, fast wie später in seinen Reiseberichten. Gerade das macht ihn zum idealen Chronisten.
1979, am Ende des Jahrzehnts, blickt Palin optimistisch in die Zukunft – die natürlich ganz anders ausfiel, als er gedacht hatte.
Michael Palin: Diaries 1969-1979. The Python Years | Englisch
Weidenfeld & Nicolson 2006 | 696 Seiten | Nur noch antiquarisch erhältlich