Max Brooks: DevolutionDer Roman spielt in Greenloop, einer exklusiven Gemeinschaft von zehn Aussteigern, die sich in die Wildnis am Fuße des Vulkans Mount Rainier zurückgezogen hat. Dort leben sie luxuriös ausgestattet und im Einklang mit der Natur. Bis eines Tages der Vulkan ausbricht und die idyllische Siedlung von der Außenwelt abschneidet.

Zuerst scheint es, als seien die Bewohner noch glimpflich davongekommen. Sie müssen zwar ihre Vorräte rationieren, aber ansonsten haben sie die Naturkatastrophe weitgehend unbeschadet überstanden. Erst nach und nach zeigt sich, dass es durch den Vulkanausbruch zu einer Veränderung in der Wildnis um ihre Siedlung gekommen ist. Ein neuer Jäger ist aufgetaucht, und er sucht seine Beute immer dichter an Greenloop. Die eingeschlossenen Bewohner werden plötzlich von Menschenaffen attackiert, deren Jagdgründe sich durch den Vulkanausbruch verändert haben.

Max Brooks hat zuvor mit »World War Z« den ultimativen Zombie-Roman geschrieben. Eine Sammlung von Augenzeugenberichten, die Ausbruch und Verlauf einer Zombie-Pandemie beschreiben und so ziemlich jeden Bereich dieses Themas abdecken. Unglaublich gut gemacht und auch für Leser interessant, die sich nichts aus Horrorromanen machen.

In seinem neuen Roman wendet Max Brooks sich nun dem Bigfoot-Mythos zu und nutzt dabei eine ähnliche Form. Die Struktur aus Rahmenhandlung, Interviews und Tagebucheinträgen trennt Hintergrundinformationen und persönliche Eindrücke sehr sauber. Ein Großteil besteht aus den Tagebucheinträgen von Katherine Holland, die dadurch zur Ich-Erzählerin des Buches wird. Sie zieht nach Greenloop, um zurück zur Natur zu finden und die kriselnde Ehe mit ihrem Mann Dan zu kitten. Ihre Lage nach dem Vulkanausbruch ist für eine Eherettung allerdings nicht besonders geeignet. Zumal die Stadtkinder trotz ihrer Naturverbundenheit kaum nützliche Fähigkeiten besitzen, die ihnen in ihrer Situation nutzen könnten. Nur die resolute Künstlerin Mostar bringt etwas Ordnung in das Chaos.

Anfangs tat ich mich als Leser etwas schwer mit den Protagonisten, die weder besonders sympathisch noch sonderlich clever dargestellt werden. Naive Idealisten mit guten Vorsätzen, die völlig hilflos sind, sobald man ihnen den Internetzugang kappt. Aber dies hat natürlich Methode und dient Brooks für etliche Seitenhiebe auf die moderne Gesellschaft, die sich immer mehr von der Natur abkapselt und sich gleichzeitig nach ihr sehnt. Er zeigt Menschen, die die Natur romantisieren und kurz darauf ihren brutalen Regeln hilflos ausgeliefert sind.

Manche Bewohner von Greenloop wachsen an diesen Herausforderungen, aber die meisten ändern nur ihre Position in der Nahrungskette. Und so wird die zweite Hälfte des Buches zu einem harten Thriller, in dem sich schlecht ausgerüstete Menschen gegen körperlich weit überlegene Gegner wehren müssen. Das ist spannend und stellenweise auch sehr brutal. Allerdings schadet hier die Form des Buches der eigentlichen Spannung. Da es sich um Tagebucheinträge handelt, die Katherine niedergeschrieben haben muss, nimmt das einigen scheinbar lebensbedrohlichen Situationen etwas an Dramatik. Davon abgesehen klingen diese Passagen im Roman auch nicht wie Tagebucheinträge. Es sei denn, sie hätte diese mitten im Geschehen verfasst.

»Devolution« ist ein interessanter Spannungsroman mit einigen Schwächen. Man muss ihn nicht gelesen haben, aber man bereut es auch nicht, wenn man es getan hat. Ich hatte mir vom neuen Roman von Max Brooks mehr versprochen, aber da hat »World War Z« wohl einfach zu hohe Erwartungen gesteckt.

Ein Wort noch zur Hörbuchfassung: Da der Großteil des Buches aus dem Tagebuch von Katherine besteht, wäre es sinnvoller gewesen, eine Sprecherin für das Hörbuch zu engagieren. Aber wer sagt schon nein, wenn er David Nathan für sein Hörbuch bekommen kann?

Max Brooks: Devolution | Deutsch von Thomas Bauer
Gelesen von David Nathan | Dauer: 10:55 Std.
Random House Audio 2020 | Bestellen bei audible.de

Taschenbuchausgabe:
Max Brooks: Devolution | Deutsch von Thomas Bauer
Goldmann 2020 | 464 Seiten | Jetzt bestellen