Nach dem Hacken meines Chefmoduls hätte ich glatt zum Massenmörder werden können, aber dann war mir klar geworden, dass ich auf den kombinierten Feed der Entertainmentkanäle zugreifen konnte, der über Firmenstellit reinkam. Seitdem waren gut 35.000 Stunden mit eher wenig Mordtaten vergangen, aber wahrscheinlich auch, keine Ahnung, knapp 35.000 Stunden konsumierter Kinofilme, Serien, Bücher, Theaterstücke und Musik. Als gefühllose Mordmaschine taugte ich definitiv nicht.
In der fernen Zukunft hat sich die Menschheit im All ausgebreitet. Mithilfe seelenloser Kampfroboter wurden alle Gefahren beseitigt und ferne Planeten gewaltsam befriedet. Der titelgebende Killerbot ist der Ich-Erzähler der vorliegenden Geschichte. Ein Cyborg, der aus geklontem Menschenmaterial und programmierten Roboterelementen besteht, bewaffnet ist und schwer zu zerstören. Er wurde ausgemustert und dient nun als Sicherheitseinheit bei wissenschaftlichen Missionen. Doch der ehemalige Killerbot hat sich selbst gehackt und besitzt dadurch ein unabhängiges Bewusstsein.
»Tagebuch eines Killerbots« bietet mehrere Abenteuer des Killerbots, der immer Gefahr läuft, dass seine Eigenmanipulation bemerkt wird. Die Folge wäre eine sofortige Demontage, da niemand einem so gefährlichen Wesen einen freien Willen zugestehen möchte. Während er also nach außen hin seine Tarnung aufrechterhalten muss, entwickelt er neben moralischen und philosophischen Gedanken über sein Dasein auch echte Gefühle.
Besonders gut gefiel mir die große Vorliebe des Killerbot für Serien. Zuerst wirkt es wie ein gewollt skurriles Element zur Charakterisierung, aber die Idee wird immer wieder aufgegriffen und spätestens im zweiten Teil, wenn er mit einem Raumfrachter über Serieninhalte und -konzepte diskutiert, wird es zu einem wirklich netten Element des Romans.
Existentialistische SF-Action mit satirischen Ansätzen über einen sarkastischen Cyborg in bunten Weltraumabenteuern. Die Grundidee ist sehr witzig und der lakonische Ton des Killerbots hat mir gefallen, aber die Handlung ist leider etwas behäbig. Das mag daran liegen, dass es sich im Original um vier Kurzromane handelt, die für die deutsche Fassung zusammengefasst wurden. Dadurch erlebt der Leser auch viermal einen zu gemächlichen Einstieg in eine neue Geschichte.
Technisch lässt sich an diesem Buch nichts bemängeln, aber ein »mitreißendes Leseerlebnis« ist etwas anderes. Deshalb empfiehlt sich eine portionsweise Lektüre.
Martha Wells: Tagebuch eines Killerbots | Deutsch von Frank Böhmert
Gelesen von Mark Bremer | Dauer: 16:32 Std.
Random House Audio 2019 | Jetzt bestellen
Taschenbuch:
Martha Wells: Tagebuch eines Killerbots | Deutsch von Frank Böhmert
Heyne 2019 | 576 Seiten | Jetzt bestellen