Juliet Blackwell: Das Karussell der verlorenen TräumeDer Roman »Das Karussell der verlorenen Träume« von Juliet Blackwell erzählt die Geschichte von Cady aus Kalifornien, genauer gesagt, von ihrer Suche nach dem Hersteller des Kaninchens Gus. Gus ist ein Karussellkaninchen und hatte vor vielen Jahren seine Runden auf einem Karussell gedreht. Cady ist Fotografin. Sie arbeitet hin und wieder für Zeitschriften und hat ein Faible für alte Karussells. Cady fotografiert diese am liebsten und setzt sie mit unterschiedlichsten fotografischen Techniken in Szene.

Nach dem Tod einer ihrer Freundinnen wird sie von einer anderen Freundin angespornt, nach der Herkunft des Kaninchens zu forschen. Das soll nämlich aus der berühmten Karussellschnitzerei Bayol in der Provence stammen. Cady geht den Spuren in Frankreich nach und lernt viel über die europäische Geschichte kennen. Der Roman ist auf verschiedenen Zeitebenen unterwegs, die wie Zahnräder ineinander greifen. Die Haupthandlung spielt in der Gegenwart. Dazu gehört der Tod ihrer Freundin, der Auftrag zu einem Fotobuch über Pariser Karussells und die Begegnung mit Jean-Paul.

Auf der zweiten Zeitebene (zu Beginn des 20. Jahrhunderts) erfahren die Leserinnen und Leser vom Wachstum der Karussellfabrik Bayol, seinen Künstlern und Schnitzern, von Auftraggebern für die Herstellung eines Karussells. Wie eine abgeschlossene Geschichte liest sich das Streben eines jungen Mädchens, das in die Männerwelt der Schnitzkünstler eindringen möchte, um Schnitzerin zu werden.

Mit der dritten Zeitebene geht es zurück in die Kindheit von Cady. Wir erfahren, wie es ihr als Kind ergangen ist, warum sie herumgereicht wurde und wie sie schließlich bei der Freundin gelandet ist, deren Tod sie nun betrauert. Die Geschichte von Cady sorgt für Verständnis, Nachvollziehbarkeit und Mitgefühl für ihr Verhalten in der Gegenwart. Ihr Streben, der Herkunft von Gus auf die Spur zu kommen, erscheint ganz klar.

Neben diesen Geschichten beschreibt Juliet Blackwell äußerst bildhaft die Landschaften, Örtlichkeiten und das Verhalten der Menschen in dem für Cady fremden Land Frankreich. Und natürlich die zahlreichen Karussells in Paris. Man hört die Glöckchen, das Rasseln, die Kinderstimmen und die Musik der sich drehenden Vergnügungsstätten sowie den Lärm in den Pariser Straßenzügen. Man spürt das Glück von Cady über ihr erstes selbstgekochtes Gericht. Man sieht ihre Röte im Gesicht, wenn Sie ein Kompliment erhält. Es ist anrührend.

Den Roman von Juliet Blackwell habe ich sehr genossen. Sowohl die Handlung um die Suche nach dem Kaninchen als auch Cadys Liebesgeschichte haben mir gefallen. Als Parisliebhaber hatte ich einmal mehr die Gelegenheit, auf den mir im wahren Leben gut vertrauten Straßen zu wandeln.

Juliet Blackwell: Das Karussell der verlorenen Träume | Deutsch von Veronika Dünninger
Penguin 2021 | 496 Seiten | Jetzt bestellen