Jörn Brien: Szenen einer GroßstadtjugendDie Wende ist Geschichte und die, die den fließenden Übergang vom Kind zum Erwachsenen noch nicht ganz hinter sich haben, müssen sich neu orientieren. Dirk, Harald (Harke), Steffi, Bernd (Berntje) und Susi symbolisieren eine Generation, die an der Schwelle zu etwas Neuem steht. Dabei will das eigene Leben noch gelebt werden. Man setzt sich Ziele oder lebt zunächst einmal auf unbestimmte Zeit in den Tag hinein.

Der Kurzroman von Jörn Brien richtet den Scheinwerfer auf die leisen Zwischentöne des Lebens, das Miteinanderumgehen, die kleinen Liebeleien und großen Gefühle, die Frage, was nach der Schule kommt, was überhaupt im Leben noch so kommt. Muss denn überhaupt noch etwas folgen? Hat es denn nicht auch Charme, jetzt und für alle Zeit sich sein Bierchen zu zischen, hier auf der Bank im Park, mit seiner Clique, den besten Freunden?

Der Leser wird zurückversetzt an einen Wendepunkt seines eigenen Lebens. Wie war das damals, als wir keine Pennäler mehr waren, als das Berufsleben uns mit schnödem Mammon lockte oder einfach nur drohend vor uns aufragte? Und erinnern wir uns nicht alle an diese erste große, wahre, ernsthafte Liebe, diese niemals endende, diese nach drei Monaten für immer begrabene? Und so folgen wir unseren sympathischen Protagonisten auf ihren Wegen. Das Leben wird nicht einfacher, aber es ändert sich, es chargiert. Immer und unaufhörlich.

Das Buch »Szenen einer Großstadtjugend« lebt weniger von einer ausgeprägten Storyline als vielmehr von den Schnappschüssen, diesen kleinen, lose zusammengehaltenen Episoden, die das Bild einer Generation zeichnen, welche nach Orientierung sucht und diese schlussendlich auch irgendwie findet – jeder auf seine ganz eigene Weise. Diese Protagonisten fühlen sich mehr durchs Leben, als dass sie handeln. Vielleicht nicht der schlechteste Weg in einer Zeit, die so einzigartig ist wie jede andere, und doch noch einmal etwas ganz Besonderes darstellt.

Den kurzen Kapiteln sind Gedichte/Liedtexte vorangestellt, die auf den folgenden Text einstimmen. Irgendwie kommt das Werk fast mehr wie eine Broschüre denn wie ein Buch rüber, was wohl an der geringen Seitenzahl und dem großzügigen Zeilenabstand liegt.

Lesenswert ist dieser gelungene Erstling dennoch. Jörn Brien hat es nämlich geschafft, seinen Helden Leben einzuhauchen. Die Freunde teilen ihre Gedanken und Gefühle mit ganz vielen anderen namenlosen Menschen da draußen. Menschen, die einmal ebenso gefühlt haben, damals als die Mauer fiel und die Kinder innerhalb eines Wimpernschlages zu Erwachsenen wurden.

Jörn Brien: Szenen einer Großstadtjugend | Deutsch
tredition 2008 | 84 Seiten | Jetzt bestellen