»Versuchen Sie’s nicht in meinem Hotel, da gäbe es Ärger, aber ich erkläre Ihnen jetzt wie es geht. Am Empfang, beim Einchecken, sagen Sie, Sie möchten ein Nichtraucherzimmer. Dann gehen Sie rauf in das Zimmer und öffnen die Minibar. Mixen sich ein, zwei nette Gin Tonics, essen einen ansprechenden Schokoriegel, werfen die Mini-Whiskeys in ihren Koffer. Dann zünden Sie sich eine Zigarette an, rauchen sie, spülen die Kippe im Klo weg und gehen wieder runter. Beschweren sich, dass es in Ihrem Zimmer nach Rauch riecht.«
Im Jahr 1984 arbeitet der ehemalige Sportler Moose als Manager eines Grand Hotels im südenglischen Brighton. Sein Hotel wurde für mehrere Tage für Regierungschefin Margaret Thatcher und ihr Kabinett gebucht. 24 Tage bleiben noch bis zur Ankunft der eisernen Lady, und die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, damit es keine bösen Überraschungen gibt. Doch eine solche hat soeben ein Gast unter dem Namen Roy Walsh in Zimmer 629 deponiert: eine Bombe, die in genau 24 Tagen detonieren soll, um das gesamte Kabinett auszulöschen.
Der vielversprechende Klappentext erweckt (wie leider so oft) einen falschen Eindruck, indem er einen Thriller verspricht. Außerdem stellt der Text den Hotelmanager Moose in den Mittelpunkt, obwohl seine (uninteressante) Tochter mindestens ebenso viel Raum einnimmt, und dann gibt es da auch noch einen gewissen Dan, dessen Werdegang der Leser über viele Jahre bis zum Anschlag verfolgen muss. Der Roman wechselt häufig die Hauptperson und spielt auf verschiedenen Zeitebenen, sodass kein rechter Erzählfluss entsteht. Der historische Kontext um die realen Ereignisse wird zwar gut aufgebaut, aber die Geschichte selbst kommt einfach nicht in Gang, beziehungsweise bremst sich selbst ständig aus.
Dabei ist die Grundidee ausgezeichnet. Eine Bombe, die fast vier Wochen im Voraus gelegt wird. So viel kann passieren bis zum Zeitpunkt der Explosion. Daraus hätte man eine Menge machen können, zum Beispiel einen spannenden Roman. Aber die Spannung bleibt leider auf der Strecke. Die Handlung scheint sich ständig nur auf Nebensächlichkeiten zu konzentrieren. Man hätte die Geschichte auch als skurrile Hotelkomödie mit exzentrischen Gästen anlegen können. Oder als Polit-Satire. Es boten sich so viele Möglichkeiten, dass es schon erstaunlich ist, wie wenig der Autor daraus macht.
Mein Interesse an dem Buch erlahmte bereits im Verlauf des ersten Drittels und verstarb irgendwann im zweiten. Von einzelnen Formulierungen abgesehen, gab es nichts, was mich zum Weiterlesen bewogen hätte.
Jonathan Lee: High Dive | Deutsch von Cornelia Holfelder-von der Tann
btb Verlag 2018 | 464 Seiten | Jetzt bestellen