John Niven: Die F*ck-it-ListeDer Roman spielt in der nahen Zukunft. Donald Trump hat zwei Amtszeiten hinter sich und das Amt an seine Tochter Ivanka übergeben. Die Politik der vergangenen Jahre hat überall im Land ihre Spuren hinterlassen, und die Meinungsfreiheit ist weitgehend abgeschafft.

John Niven schildert die amerikanische Gesellschaft so, als hätten viele Amerikaner (vorwiegend weiße Männer) nur auf eine Regierung gewartet, die ihnen die Legitimation für rücksichtsloses Verhalten liefert. Unter dem Vorwand, die Freiheit zu schützen, wird genau diese immer weiter eingeschränkt. Regierungsgebäude und Polizisten im Einsatz dürfen per Gesetz nicht mehr gefilmt werden. Handys können konfisziert werden, und die Besitzer müssen den Behörden Zugang zu allen Daten und privaten Accounts gewähren.

Der Roman enthält viele Beispiele für solche Entwicklungen. Viele überspitzt, aber leider nicht unrealistisch. Eine düstere Prognose, was uns noch bevorstehen konnte. Mit oder ohne Trump. Das Amerika, das Niven uns präsentiert, ist eine Weiterentwicklung aktueller Strömungen und man kann nur hoffen, dass sie nicht wahr werden. Egal, wie man politisch steht: Ein solches Amerika wäre eine Katastrophe. Für sich und für den Rest der Welt.

In seinen früheren Büchern war Niven meist zynisch und sarkastisch, in diesem Roman wirkt er zornig und verbittert. Und er hat den passenden Protagonisten für diese Haltung geschaffen, einen sechzigjährigen Ex-Journalisten, der an Krebs im Endstadium leidet und dessen Frau und Sohn bei einem Schulmassaker getötet wurden. Frank Brill erstellt eine F*ck-it-Liste all der Menschen, die sein Leben ruiniert haben und beschließt, sich an ihnen zu rächen. Selbst wenn es sein Leben kosten sollten.

Das Buch ist keine reine Satire, sondern eher ein Rachethriller. Doch Niven hat einen eigenen Hintergrund für seine Handlung gebaut und immer, wenn er diesen in Anspruch nimmt, lässt er die Zügel schießen. Dabei muss er nicht viel erfinden, sondern führt nur aktuelle Entwicklungen weiter. Dass die Realität schon einer Satire ähnelt, spielt dem Autor dabei natürlich in die Hände. Der Tod von Verfassungsrichterin Ginsburg wird im Buch auf das Jahr 2021 datiert, da hat die Realität die Fiktion bereits überholt. Die Folgen im Roman entsprechen allerdings genau den aktuellen Befürchtungen.

Von seinen bisherigen Büchern ähnelt dieses Buch am ehesten dem Roman »Das Gebot der Rache«. Vielleicht wollte Niven auch seinen eigenen »Taxi Driver« entwerfen, in einer präapokalyptischen Welt. Herausgekommen ist ein spannender Thriller mit satirischen Spitzen und sehr gelungenen Anspielungen, den man durchaus als Warnung verstehen kann. Nicht nur in Amerika.

John Niven: Die F*ck-it-Liste | Deutsch von Stephan Glietsch
Heyne 2020 | 320 Seiten | Jetzt bestellen