John Green: Schlaft gut, ihr fiesen GedankenMoment, John Green? Ist das nicht dieser amerikanische Jugendbuchautor, der diese Krebsgeschichte geschrieben hat? Und wie passt das jetzt zu wortmax? Um solchen Fragen vorzubeugen: John Green kann man in der Pubertät genauso gut lesen, wie in den Wechseljahren und »Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken« würde ich grundsätzlich jeder Altersklasse ans Herz legen.

Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt und tatsächlich gar nicht so essentiell. Die Protagonistin Aza wird von ihrer besten Freundin Daisy dazu überredet, einem ehemaligen Freund aus Kindertagen hinterher zu spionieren, dessen Vater – ein Multimillionär – verschwunden ist. Für Hinweise gibt es einen hohen Finderlohn und die beiden Mädchen sind zunächst nur darauf fokussiert. Doch bereits hier greift John Green eines der großen Problemfelder der USA auf: Studieren ist extrem teuer. Und genau das veranlasst Aza und Daisy dazu, dem Geld hinterherzujagen. Aza kann sich vielleicht gerade so ein einigermaßen gutes College leisten, Daisy hat fast gar keine Chance.

Auf ihrer Suche nach Hinweisen werden die beiden aber erwischt und Aza muss sich vor ihrem Freund verantworten, deren Beziehung im Laufe der Geschichte jedoch immer tiefer wird. So weit die eigentliche Handlung – ganz nett, aber erstmal noch nichts Besonderes. Denn worum es eigentlich geht, ist Aza selbst. Sie leidet seit Jahren unter einer psychischen Störung, hat Depressionen, Angst- und Panikattacken, die ihr das Leben immens erschweren.

Mir war schlecht, und ich widerte mich an, und ich schämte mich. Ich wusste, dass meine Störung nicht mehr witzig war, es war keine Kleinigkeit wie ein Pflaster am Finger. Das hier war eine echte Störung, eine Qual für jeden, der mir nahekam.

Der Roman konfrontiert einem mit den Problemen, denen sich Menschen mit einer psychischen Krankheit tagtäglich stellen müssen. Zunächst sind da natürlich die Auswirkungen für einen selbst. Aza sieht man ihre Krankheit höchstens dadurch an, dass sie sich regelmäßig eine Wunde am Finger aufkratzt, desinfiziert und wieder mit einem Pflaster zuklebt, weil sie irrationale Angst vor einer Infektion hat. Doch innerlich herrscht bei ihr Chaos. Selbsthass und das Gefühl, ihre Mitmenschen zu enttäuschen, spielen eine große Rolle. Ihre Freunde und ihre Mutter versuchen zwar, sie bestmöglich zu unterstützen, doch bleibt Azas Verhalten für sie ein undurchdringliches Rätsel.

Weltweit sind schätzungsweise 350 Millionen Menschen von Depressionen betroffen, ähnlich viele von einer Angststörung – damit gelten sie zu den häufigsten und am meisten unterschätzten Krankheiten. Für viele Menschen ist das Thema weiterhin ein Tabu und genau dieses Tabu versucht John Green aufzubrechen. Unsere Gesellschaft hat es dringend nötig, über psychische Krankheiten zu reden und aufzuklären. Sie muss betroffene Menschen und ihre Angehörigen unterstützen und sensibilisieren. »Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken« leistet einen wichtigen Beitrag im Bereich für Jugendliche, aber auch alle anderen Leser*innen.

Auch dieser Roman hat aber in meinen Augen seine Schwachstellen. Die Jugendlichen stellen ihre Gedanken teilweise ungefiltert ins Internet, ständig ist von irgendwelchen Apps die Rede, als hätte Green gezielt darauf gesetzt, so am besten seine Zielgruppe erreichen zu können. »Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken« ist zudem ein sehr sperriger und wenig begeisternder Titel. Das Original Turtles All the Way Down hätte vielleicht einfach beibehalten werden sollen und passt sowieso viel besser zum Inhalt.

Unabhängig von dieser kleinen Kritik ist das Buch jedoch eines der besten, die John Green bisher geschrieben hat. Ich empfehle allen Erwachsenen dringendst über ihren Schatten zu springen und sich dieses sogenannte Jugendbuch zur Hand zu nehmen. Es lohnt sich!

John Green: Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken | Deutsch von Sophie Zeitz
Hanser 2017 | 288 Seiten | Leseprobe und mehr | Bestellen