Manch einer war der Meinung, die Visionen von Danny Boy Lorca stammten vom Meskal, der seine Hirnzellen aufgeweicht hatte. Oder von den Peitschenhieben gegen seinen Kopf während seiner Haftzeit auf der Sugar Land Farm. Andere wiederum machten seine bescheidene Karriere als Mittelgewichtler dafür verantwortlich, und die endlosen Touren durch staubige Dreckslöcher, in denen er gegen ortsansässige Boxer hatte antreten müssen, für die er allerdings nur eine sogenannte Tomatendose gewesen war – ein Kämpfer, der nach jedem Treffer blutete. Oder in seinem Fall ein trunksüchtiger Indianer, der seinen Schmerz hinunterschluckte und niemals zuckte, wenn sie ihre Fäuste an seinem Gesicht wund schlugen.
Danny Boy Lorca lebt in Texas, nahe der mexikanischen Grenze. Eines Tages beobachtet er den brutalen Mordversuch an zwei aneinandergeketteten Männern. Einer der Männer stirbt, der andere kann fliehen. Danny Boy benachrichtigt den pensionsreifen Sheriff Hackberry Holland, der mit seinen Ermittlungen beginnt.
Der alte Sheriff legt sich nicht nur mit der Russenmafia an, sondern auch noch mit ein paar ganz besonders fiesen Exemplaren der Gattung Mensch: einem skrupellosen Killer namens Krill, dem bigotten Reverend Cody Daniels, und dann erscheint auch noch ein alter Bekannter Hackberrys, der eigentlich tot sein sollte.
Autor Burke setzt nicht auf billige Thrillereffekte. Alles, was geschieht, wirkt nicht konstruiert, sondern ist durch die Protagonisten begründet, die einfach nicht anders handeln können als so, wie sie es tun. Burke versteht es wirklich ausgezeichnet, seine Figuren in ausweglose Situationen zu bringen und dann scheinbar sich selbst zu überlassen, um zu sehen, was passiert.
Natürlich hätte man diese Geschichte auch kürzer und straffer erzählen können als auf den 700 Seiten der Druckversion, aber es gibt eben Bücher, bei denen man gerne etwas länger verweilt, und dieses hier ist eines davon.
»Glut und Asche« ist der zweite Roman über Sheriff Hackberry Holland, ein dritter erscheint demnächst auf Deutsch. Eine Fortsetzung, über die ich all das Positive wiederholen könnte, das ich schon über »Regengötter« geschrieben habe. Nur noch mehr Action, noch härter und mit einem gewaltigem Showdown, wie in einem richtig guten Western, einem großen Westernthriller.
James Lee Burke: Glut und Asche | Deutsch von Daniel Müller
Random House Audio 2015 | Gelesen von Dietmar Wunder | Jetzt bestellen