James Ellroy: Hollywood NachtstückeIm Alter von zehn Jahren verliert James Ellroy seine Mutter durch ein Gewaltverbrechen. Im weiteren Verlauf seines Lebens gerät er zunehmend auf die schiefe Bahn, ehe ihn die Literatur rettet und er schließlich zu einem Bestsellerautor wird, einer der namhaftesten Krimiautoren (nicht nur) Amerikas.

Würde es sich nicht um sein eigenes Leben handeln, hätte dies problemlos auch der Plot eines seiner Werke sein können, das Happy-End in Form schriftstellerischen Erfolges vielleicht einmal ausgenommen. Seine Prosa ist düster, dreckig, die Geschichten sind durchdrungen vom faulenden Gestank der Gosse Hollywoods.

»Hollywood Nachtstücke« vereinigt sechs Kurzgeschichten, die von einer persönlichen Erinnerung eingeleitet werden, wobei der Leser sich fragt, ob es sich hierbei um eine reale oder fiktionale Begebenheit handelt. Aber schließlich geht es hier ja um Hollywood, die Heimat der Traumfabrik, welche ihr Geld mit Illusionen verdient, wenngleich die Phantasien der Ellroyschen Texte nichts mit der uns bekannten Glitter- und Glamourwelt zu tun haben. Die hier Porträtierten bleiben außen vor. Ihm geht es um die Gescheiterten, die am Rande der Gesellschaft oder in der Unterwelt ihr Dasein fristen und ganz andere Sorgen haben als die Stars und Sternchen der großen Leinwand.

Die Erzählungen sind dem Genre des Krimi Noir zuzuordnen, der Schreibstil ist abgehackt, schon »Schatten der Vergangenheit«, die Einleitung zu den sechs Kurzgeschichten, testet die Kompatibilität des Lesers zu seinen Texten aus: Da wird nichts beschönigt oder unnötig ausstaffiert, die Sprache erscheint manchmal geradezu unfertig, wie herausgepresst, selten rücksichtsvoll.

Protagonisten aus dem Ellroyschen Kosmos würden seine Schreibe wohl lakonisch als ziemlich »abgefuckt« und »voll in die Fresse« bezeichnen. Das ist mitunter nichts für allzu Zartbesaitete, stattet die Geschichten aber mit einer enormen Authentizität aus. Hier kann jeder Bulle ein korruptes Schwein sein und jede vollbusige Blondine hat garantiert einen Revolver in ihrer Handtasche, um dir kurzerhand das Gehirn wegzublasen, sobald du deine Schuldigkeit getan hast. Die Grenzen zwischen Gut und Böse wechseln manchmal so schnell, dass einem fast schwindlig wird. Ellroy stört das nicht: Wer da nicht mithalten kann, bleibt halt auf der Strecke. Lies das oder friss‘ den Staub meiner Reifen, vermeint man ihn fast sagen zu hören. Dieser Autor tritt das Gaspedal kräftig durch.

Eine solche Schreibe polarisiert und gerade deshalb ist »Hollywood Nachtstücke« eine gute Übung, bevor man sich an einen seiner berühmten Romane wagt. Natürlich nur rein sprachlich gesehen.

James Ellroy: Hollywood Nachtstücke | Deutsch von Thomas Mohr
Ullstein 2019 | 288 Seiten | Jetzt bestellen