»Wie oft?
Wie oft redet man über die gleiche Sache ergebnislos?
Bis alle es begriffen haben?
Bis keiner mehr Lust hat?
Bis keiner mehr da ist, der zuhört.«
(Nico Szaba in »Das rotschwarze Buch. Bilder einer Seele«, 2012)
Jede(r) von uns kennt die Nervosität vor wichtigen oder schwierigen Gesprächen und hat gewiss in der einen oder anderen kniffligen Situation die verbale Auseinandersetzung gescheut, vermieden oder im Eifer des Wortgefechts sein Ziel nicht erreicht. Spätestens seit ich für meine Arbeitgeberin in »Dauerkommunikation« mit unseren (zukünftigen) Kunden stehe, interessiere ich mich für alles, was meine Dialoge mit (nicht nur) Interessierten positiv beeinflusst.
So stieß ich auf das aktuelle Buch der bekannten Kommunikationstrainerin Isabel García »Wie sage ich eigentlich…? 30 Tipps für schwierige Gespräche«, das vor kurzem beim Verlag Vandenhoeck & Ruprecht erschien. Hier erhält man in insgesamt sechs Kapiteln umfangreiches Werkzeug und eine ebenso große Menge an Strategien, mit denen man gut für Gespräche gerüstet ist, die man nur ungern führt. Die einzelnen Kapitel widmen sich unterschiedlichen Themen, die zunächst in ihrem Zusammenhang anschaulich erläutert und im Anschluss durch zahlreiche Beispiele lebendig werden.
Der Erfahrungsschatz der Autorin scheint der Kanne des berühmten Zauberkunststückes zu gleichen, aus der immer wieder »Wasser aus Indien« kommt. Modellsituationen für beinahe jede Lebenslage! In sogenannten »Erklär-Boxen« vertieft Isabel García den jeweiligen Schwerpunkt mit wissenschaftlichen Hintergründen und Quellen. Dies verschafft der Leser*in nicht nur den einen oder anderen Aha-Effekt, sondern stützt die fundierten Kernaussagen des Buches. Isabel García schöpft aus einem reichen Sprachschatz, der nur so vor Energie strotzt und überaus unterhaltsam daherkommt.
Ab Seite 88 hört man nicht mehr zu, sondern hin und baut sich mit Loriots berühmten Satz »Man muss schon sehr genau hinhören« eine Eselsbrücke. Dass das menschliche Gehirn nicht multitaskingfähig ist, wissen wir inzwischen. Doch was bedeutet das für unsere Kommunikation? Wie beachtlich es für unser Gehirn und damit auch für unsere Kommunikation ist, welchen Wolf in uns wir füttern wollen, verpackt Isabel García in eine eindrucksvolle Geschichte eines alten Cherokees und seinem Enkel. Die Leser*in weiß nach der Lektüre, wann Coaching angebracht ist und wird im besten Fall üben, Verbesserungsvorschläge nie mehr ohne Auftrag zu kommunizieren. Man erfährt Wissenswertes über Netto-Botschaften und wird ermuntert, sich in ihren Formulierungen zu üben. Dass man zusätzlich Beispiele als Audioaufnahmen mittels QR-Codes abrufen kann, verstärkt diesen Eindruck noch einmal und fordert regelrecht dazu auf, mit dem Buch zu arbeiten.
Am Ende der Lektüre sind alle dreißig Kommunikationstipps in einer Übersicht zusammengefasst. Ihre wesentliche Grundlage ist die eigene Wertschätzung und die Wertschätzung des Gesprächspartners. Mehrfach geht die Autorin auf den Artikel 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ein: »Die Würde des Menschen ist unantastbar.« Menschenwürde beginnt bereits mit respektvollen Gedanken, über die jede(r) selbst Verantwortung trägt. Weil Garcías Buch genau an diese ohne den berühmten erhobenen Zeigefinger appelliert, erhält es eine unbedingte Leseempfehlung.
Isabel García: Wie sage ich eigentlich…? 30 Tipps für schwierige Gespräche | Deutsch
Vandenboeck & Ruprecht 2022 | 208 Seiten | Jetzt bestellen