»Frank war derjenige, der angegriffen wurde!«, klärt Elspeth ihn auf, zugleich schockiert und verwirrt von ihrer eigenen Loyalität.
»Das glaube ich gerne«, sagt Notman. »Wenn der frühere Oberpsychopath plötzlich der Gute ist, dann hat die Stadt wirklich Probleme.«
Jim Francis lebt unter neuem Namen mit seiner attraktiven Frau und den beiden Kindern als erfolgreicher Künstler in Kalifornien. Er hat im Knast eine Kunsttherapeutin kennengelernt, sie geheiratet und ist nun bei allen Hollywoodstars total angesagt. Eine größere Wandlung hätte man dem guten alten Francis Begbie aus Edinburgh nicht zugetraut. Der cholerische Schläger scheint zur Ruhe gekommen zu sein.
Als seine Familie am Strand von zwei Rowdys belästigt wird, bewahrt er die Fassung und lässt sich nicht provozieren. Kaum Zuhause fährt er noch einmal los und man muss nicht lange raten, welche Pläne er verfolgt.
Dann erreicht ihn der Anruf seiner Schwester in Edinburgh. Einer seiner Söhne wurde ermordet, und Begbie soll zur Beerdigung kommen. Er reist nach Schottland, trifft viele Bekannte wieder und neben der Suche nach dem Mörder seines Sohnes muss er den zahlreichen Versuchungen seines alten Lebens widerstehen.
Begbie ist zurück und dank dem Film »Trainspotting 2« wissen wir auch, wie er heutzutage aussehen würde. Eines der wenigen guten Dinge, die man über diesen Film sagen kann, der doch hinter den Erwartungen blieb, die ich in ihn gesteckt hatte.
Der Roman »Kurzer Abstecher« dagegen ist ein Volltreffer. Es ist wirklich faszinierend, diesem menschlichen Pulverfass mit der extrem kurzen Zündschnur dabei zuzusehen, wie er in seine alte Welt zurückkehrt, nachdem er dem Alkohol und der Gewalt abgeschworen hat. Und zumindest auf den Alkohol kann er weiter verzichten.
Die Unterwelt von Edinburgh nimmt ihm seine Wandlung nicht ab und ganz falsch liegt sie damit auch nicht. Wie ein Schneepflug furcht er durch die Stadt, denn nur weil er weder an seinem Sohn noch an dessen Mörder interessiert ist, heißt das noch lange nicht, dass er jemanden davonkommen lässt.
Auf seiner Tour-de-force begegnen ihm zahlreiche Charaktere aus Welshs Werk, wie beispielsweise Juice Terry Lawson aus »Ein ordentlicher Ritt« oder Sick Boy aus »Trainspotting«, sodass der Roman fast so etwas wie ein Familientreffen darstellt. Einer sehr kranken, süchtigen und gewalttätigen Familie.
Unbedingt lesen.
Irvine Welsh: Kurzer Abstecher | Deutsch von Stephan Glietsch
Heyne Hardore 2017 | 272 Seiten | Jetzt bestellen