Ian McEwan: PsychopolisLos Angeles als Sinnbild des Sittenverfalls und der Dekadenz. Ein modernes Babylon und mittendrin ein englischer Schriftsteller, der des Lebens in der Stadt überdrüssig geworden ist und nun plant, in seine Heimat zurückzukehren.

Die Reize der Stadt der Engel haben sich ihm nie erschlossen und er verbrachte die meiste Zeit in seiner Wohnung. Bevor er abreist, möchte er mit seinen wenigen Freunden in der Stadt eine Abschiedsparty feiern. Darunter eine Feministin mit einer Vorliebe für Fesselspiele, einem Frauenhelden und einem Partyzubehörverleiher. Man redet und streitet über Feminismus, Religion und Waffenbesitz. Und im Laufe dieses Gesprächs und einer Partie Russischem Roulette wird dem namenlosen Erzähler nicht nur die Tiefe ihrer Freundschaft bewusst, sondern er entwickelt tatsächlich Heimweh nach der Stadt, die er im Begriff ist, zu verlassen.

Ian McEwan ist ein ausgewiesener Spezialist für menschliche Abgründe, was er in Romanen wie beispielsweise »Der Zementgarten, Liebeswahn« und »Abbitte« bewiesen hat.

»Psychopolis« ist schon älter und stammt aus der Kurzgeschichtensammlung »Zwischen den Laken« von 1982. Die einzige Kritik, die man an dieser Kurzgeschichte üben könnte, ist, dass sie genau das ist: Eine Kurzgeschichte. Und so bricht sie in dem Moment ab, wenn man mit dieser bunt zusammengewürfelten Truppe gerade richtig warm geworden ist und gerne weiter mit ihr durch die Stadt gezogen wäre. Sehr schade, doch bis zu diesem Punkt unbedingt empfehlenswert.

Ian McEwan: Psychopolis | Hörbuch | Deutsch von Bernhard Robben
Gelesen von Christian Ulmen | Diogenes 2007 | 1 CD | Laufzeit: 54 Min. | Jetzt bestellen