Harlan Coben: Nichts bleibt begrabenWindsor Horne Lookwood III, genannt Win, wird in einem Fall verwickelt, der seine eigene Familie und deren Vergangenheit betrifft. Der steinreiche Dandy mit den unbezwingbaren Straßenkämpfer-Fähigkeiten wird von zwei FBI-Agenten in ein Luxusappartment gebracht, in dem sich neben einer Leiche auch ein unbezahlbares Gemälde aus dem Besitz der Familie Lookwood befindet. Vor über zwanzig Jahren wurde seine Cousine Patricia während eines Raubüberfalls entführt und in einer abgelegenen Hütte festgehalten, bevor ihr schließlich die Flucht gelang. Ihr Entführer wurde nie gefasst und die damals gestohlenen Gemälde blieben verschollen. Bis heute.

Der neueste Thriller von Harlan Coben reiht sich nahtlos ein in die Veröffentlichungen der letzten Jahre: spannend, unterhaltsam und immer wieder überraschend. Obwohl sich der Plot in seinen Büchern oft ähnelt, gelingt es Coben jedes Mal, ein Ereignis daraus zu machen. Die Vielzahl der Verfilmungen als Miniserien, besonders aus Frankreich und Spanien, sprechen eine deutliche Sprache. Ich kenne nicht viele Autoren, die bei einem derart hohen Ausstoß eine so gleichbleibende Qualität bewahren. Außer Coben fallen mir da spontan nur noch Stephen King und Don Winslow ein (unter den Vielschreibern wohlgemerkt). Bei allen Genannten freue ich mich auf jede neue Veröffentlichung und brauche nicht einmal den Klappentext zu lesen.

Aber auch bei Coben gibt es jene berühmten Ausnahmen, die die Regel bestätigen. »Nichts bleibt begraben« ist eine von ihnen.

Elf Bände der Myron-Bolitar-Reihe lang war Win der verlässliche Sidekick, nun spielt er zum ersten Mal die Hauptrolle. Und leider funktioniert das nicht besonders gut. Seine nächtlichen Streifzüge als brutaler Rächer scheinen mehr seinem Gefallen an der Gewaltausübung zu dienen, als dem Wunsch nach Gerechtigkeit. Die Arroganz, die Unbezwingbarkeit und seine fast übermenschlichen Fähigkeiten haben ihn zu einer guten Nebenfigur gemacht, weil ihn immer etwas Geheimnisvolles umgab. Wenn eine solche Figur plötzlich in den Mittelpunkt rückt, wirft sie Fragen auf, die man früher nicht gestellt hat. Und die man eigentlich auch nicht beantwortet haben wollte.

Detlef Bierstedt liest Win mit dem überheblichen Tonfall, den er sonst für Special-Agent Pendergast in den Romanen von Douglas Preston und Lincoln Child reserviert hat. In diesem Buch, noch dazu als Ich-Erzähler, wird einem dieser Ton schnell zu viel.

Zwar häufen sich bis zum Ende die falschen Fährten und eine schockierende Wahrheit kommt ans Licht, doch dieser Roman ist leider nicht so mitreißend wie die früheren Bücher des Autors. Natürlich ist Coben zu gut, um ein wirklich enttäuschendes Buch herauszubringen, aber gemessen an seinem eigenen Standard ist dies leider eines seiner schwächeren Werke.

Harlan Coben: Nichts bleibt begraben | Deutsch von Gunnar Kwisinski
Gelesen von Detlef Bierstedt | Dauer: 09:50 Std.
Der Hörverlag 2021 | Jetzt bestellen

Taschenbuch:
Harlan Coben: Nichts bleibt begraben | Deutsch von Gunnar Kwisinski
Goldmann 2021 | 432 Seiten | Jetzt bestellen