Florian Wacker: Die Spur der AaleJa, man musste sich täglich entscheiden. Und diese Entscheidungen hatten sie alle an diesen Ort geführt, Mian Lin, die Schmuggler aus Frankreich, sie, Greta Vogelsang. Sosehr sie auch glauben mochte, dass man sein Schicksal irgendwie beeinflussen konnte, dass man den Weg bestimmen konnte, den man gehen wollte, so hatte man es schlussendlich doch nicht in der Hand. Schlussendlich lief das alles nach Regeln, die sie weder verstehen noch beeinflussen konnte.

Im Sommer des vergangenen Jahres konnte man bei einem Social-Media-Gewinnspiel des Verlages Kiepenheuer &Witsch knallgrüne KiWi-Letten (Badepantoletten) gewinnen. Allein dieses Grün! In Gedanken die Pantoletten schon an den Füßen nahm ich kurzerhand teil. Ein origineller zweiter Satz zu einem ersten aus einem neu erschienenen Buch wurde gesucht. Der erste Satz lautet: Der Fluss war spiegelglatt und unbewegt, kein Wind ging.

Da in irgendeinem deutschen Zoo gerade ein Löwe ausgebrochen sein sollte und sich die Medien wie Hyänen darauf stürzten, schrieb ich dem Verlag folgenden zweiten: So kann ich meinen Weg in die große Stadt getrost fortsetzen, dachte der Löwe und schritt ruhigen Gemüts majestätisch aus dem Gebüsch.

Im Liegestuhl an der polnischen Ostseeküste erfuhr ich von meinem Gewinn. Da ich neugierig auf das Buch geworden war, bat ich auch um Zusendung desselben. Aufgrund eines persönlichen Schicksalsschlages wartete Florian Wackers Krimi »Die Spur der Aale« längere Zeit auf meinem Nachttisch. Das ungewöhnliche Thema und Wackers Art, es zu beschreiben, hat mich bis jetzt gefesselt.

Die Polizei in Frankfurt muss einen Leichenfund im Main aufklären. Bei dem Toten handelt es sich um den Zollfahnder Lars Mathiessen. Der hatte zuvor mehrfach versucht, Kontakt zur Staatsanwältin vom Dezernat für Umweltverbrechen und Artenschutzdelikte, Greta Vogelsang, aufzunehmen. Mathiessen wollte einem Schmugglernetzwerk, das laut seinen Beweisen auch in Frankfurt mit wertvollen Glasaalen handelte, das Handwerk legen. In seiner Todesnacht hat Greta Vogelsang Bereitschaftsdienst.

Die Ermittler gehen zunächst von einem natürlichen Tod Mathiessens aus. Der jungen Staatsanwältin geht der Fall nicht aus dem Sinn. Über ihre Mitarbeiter*innen behält sie die Recherche im Blick und sucht sich Verbündete. Als Lesende*r nimmt man nicht nur wahr, wie sich ein Puzzleteil an das andere setzt. Man erfährt auch, wie mühsam und unspektakulär sich Greta Vogelsangs Arbeitsalltag zwischen langsam arbeitenden Behörden, Überheblichkeitsgebaren und Machtansprüchen gestaltet. Dadurch wirkt der Handlungsschauplatz eher bodenständig, aber dennoch sehr lebendig und überzeugend.

Je mehr kriminelle Energien vom Schmugglerring freigesetzt werden, desto spannender wird die Lektüre. Zwei junge Männer geraten leichtgläubig und unbedarft in die Fänge der Schmuggler und werden schamlos von der Bande benutzt. Insgeheim wünscht man, dass sie ihren Irrweg doch noch rechtzeitig bemerken.

Florian Wacker bevorzugt eine klare Sprache in kurzen Sätzen, die sehr pragmatisch daherkommt. Die Handlungsstränge lassen sich leicht verfolgen. Seine Protagonistin und ihr Umfeld stattet der Autor mit einer wiedererkennbaren Charakteristik aus, was auf weitere spannende Fälle hoffen lässt. Wie den skrupellosen Unternehmungen ein Ende gesetzt werden, erlebt man in einem aufregenden Finale, währenddessen man sich vollends der Handlung hingibt. Das Buch erhält eine unbedingte Leseempfehlung.

Florian Wacker: Die Spur der Aale – Ein Fall für Greta Vogelsang | Deutsch
Kiepenheuer & Witsch 2023 | 240 Seiten | Jetzt bestellen