»Habichtland« von Florian Knöppler ist der Nachfolger des Romans »Kronsnest«, eine konsequente Fortsetzung der Familiensaga einige Jahre später. Die Jahre sind vergangen, die Nazi-Clique hat sich etabliert und seit zwei Jahren tobt der Krieg. Deutschland steht im Jahre 1941 kurz vor seinem Einmarsch in Russland. Die Hauptfiguren Hannes und Lisa sind inzwischen verheiratet und haben Kinder.
Während er sich immer noch nicht für oder gegen die Nazis entschieden hat, weil er das Beste für seine Familie möchte, hat Lisa ihren Entschluss bereits gefasst. Sie verschließt sich ihrem Mann gegenüber immer mehr. Lisa hat längst erkannt, dass ein neutrales Verhalten, ein Heraushalten aus den weltpolitischen Ereignissen nicht mehr möglich ist. Sie kann nicht stillhalten und begibt sich mit ihren Äußerungen zu einer falschen Zeit, am falschen Ort und unter den falschen Menschen, in größte Gefahr. Die Familie steht vor einer Zerreißprobe.
Florian Knöppler schafft mit einer sprachlichen Intensität eine bedrohliche Atmosphäre vor der Kulisse der norddeutschen Elbmarsch. Detailreiche und stimmungsvolle Bilder entstehen im Kopf der Leserinnen und Leser. Manche von ihnen düster, andere auch wieder heiter. Letzteres, wenn Hannes‘ erste Liebe Mara wieder ins Spiel kommt. Es zahlt sich aus, dass diese Figur nach dem ersten Teil nicht aufs Abstellgleis geschoben wurde.
Wie Lisa und Hannes haben sich auch alle anderen Nachbarn und ehemaligen Schulkameraden weiterentwickelt. Sie sind nicht nur älter geworden, sondern haben sich im Leben etabliert. Meist sind sie jedoch ihrer »Seite« treu geblieben. Und daraus zieht Knöppler das Material für Spannung in den einzelnen Szenen. Denn es wird immer wieder sehr gefährlich für die Menschen um Hannes und auch für ihn selbst. Während den Erwachsenen klar ist, in welche Gefahr sie sich begeben, scheint für die Kinder Vieles unverständlich. Erstaunlich, wie sehr sich diese Situation gerade jetzt, in der Zeit nach dem Überfalls Russlands auf die Ukraine, in der aktuellen Realität widerspiegelt.
Die Leserinnen und Leser von »Kronsnest« sollten den zweiten Teil dieser norddeutschen Familiensaga nicht missen. Um »Habichtland« zu verstehen, ist die Lektüre des Vorgängers aber nicht zwingend erforderlich. Der Roman fesselt und funktioniert auch, wenn man den ersten Teil (noch) nicht kennt.
Florian Knöppler: Habichtland | Deutsch
Pendragon 2022 | 320 Seiten | Jetzt bestellen