Daniel Wisser: Die erfundene FrauZweiundzwanzig Geschichten auf 240 Seiten. Groß gesetzt und häufig mit Leerseite vor der nächsten Geschichte. Nicht viel Text für die einzelnen Geschichten und trotzdem gelingt es dem Autor mit jeder von ihnen, eine eigene kleine Welt zu erschaffen, in die der Leser kurz hineinblicken darf. Das ist wirklich beeindruckend und in vielen Fällen bedauert man es, diese kleine Welt so schnell wieder verlassen zu müssen.

Alle Geschichten tragen Frauennamen als Titel. Sie handeln vom Leben und der Liebe in allen Variationen und den kuriosen Verstrickungen, die daraus folgen können. Jede Art von Inhaltsangabe käme einem Spoiler gleich, deshalb möchte ich niemandem die Überraschung verderben, denn die Geschichten nehmen sehr oft einen unerwarteten Verlauf.

Als Danielas Mutter anruft – das vierte Mal an diesem Tag -, verlässt sie die Decke kurz, um zu telefonieren.

»Ich habe alle Tabletten auf einmal genommen. Ich kann kaum noch gehen.«

»Mama, bitte leg dich hin.«

»Wann kommst du heute?«

»Ich komme morgen.«

»Warum gehst du nicht ans Telefon?«

»Ich telefoniere doch gerade mit dir.«

»Wann kommst du?«

»Morgen.«

»Und wenn ich heute sterbe.«

»Dann stirbst du eben.«

Abwechslungs- und wendungsreiche Kurzgeschichten. Knapp, dicht, lakonisch und sehr unterhaltsam. Eine lohnenswerte Lektüre von einem Autor, den ich mir merken werde.

Daniel Wisser: Die erfundene Frau | Deutsch
Luchterhand 2022 | 240 Seiten | Jetzt bestellen