Clemens Meyer: Als wir träumtenIch nickte, nahm mein neues Bier und trank die halbe Flasche in einem Zug, ich brauchte gleich eine leere, da war ich mir ganz sicher.

Die Handlung ist nicht sehr abwechslungsreich; Schlägereien, Besäufnisse, Gefängnisaufenthalte wechseln einander ab und wiederholen sich fast schon zwanghaft. Trotzdem zieht der lange Roman den Leser in seinen Bann und ist kein bisschen langweilig.

Der Ich-Erzähler Daniel, in Leipzig aufgewachsen, ungefähr fünfzehn zur Zeit der Wende, berichtet aus seinem Leben, von seinen Freunden und was aus ihnen wurde. Dabei geht er nicht chronologisch vor; Kapitel aus der Schulzeit stehen neben Episoden aus seinem Erwachsenenleben, und es ist genau diese Erzählstruktur, die die Geschichte so ergreifend zu lesen macht, ohne dass sie einen konventionellen Spannungsbogen bräuchte.

Daniel muss mitansehen, wie sich seine Freunde zu Grunde richten. Er versucht wieder und wieder, sie vor der ernsthaften Drogenabhängigkeit zu bewahren, und beschwört in seinen Erinnerungen eine bessere Zeit, an der er festhalten möchte und zu der es doch kein Zurück gibt.

Gleichzeitig kämpft er mit dem eigenen Schuldigwerden. Einen seiner Freunde verliert er bei einem Autounfall, ein traumatisches Erlebnis für ihn, dem er sich dreimal erzählerisch nähert. In ähnlicher Weise schildert er den Abschied von einer Schulfreundin in jungen Jahren, nimmt dann die Version zurück und behauptet, dass es in Wirklichkeit anders gewesen sei. Doch es sind weniger die einschneidenden Erlebnisse als die kleinen, unmerklichen Veränderungen im Leben der Charaktere, die der Geschichte ein Gefühl von tragischer Unaufhaltsamkeit geben.

Zwischendurch gibt es immer wieder Sätze, wie der eingangs zitierte, die einen zum Lachen bringen, obwohl die Situationen nicht wirklich komisch sind. Kurz gesagt ist »Als wir träumten« ein Buch, dessen Faszination und Nachwirkung auf den Leser sehr schwer zu beschreiben ist; es zu lesen lohnt sich auf jeden Fall.

Clemens Meyer: Als wir träumten | Deutsch
Fischer Taschenbuch 2007 (2. Auflage) | 528 Seiten | Jetzt bestellen