Christopher Brookmyre: Angriff der unsinkbaren Gummienten»Was? Unsinkbare Gummienten?«

»Der Ausdruck stammt von James ›The Amazing‹ Randi, einem kanadischen Bühnenzauberer und weltbekannten Skeptiker, der damit Leute meint, die immer weiter an den Hokuspokus glauben, egal wie viele Gegenbeweise man ihnen vorsetzt.«

Man muss das mit den Gummienten erklären. Denn bei einem Buch mit dem Titel »Angriff der unsinkbaren Gummienten« denkt man vielleicht zuerst an einen billigen Science-Fiction-Klamauk. Tatsächlich handelt es sich bei dem neuen Roman des schottischen Schriftstellers Christopher Brookmyre um einen intelligent strukturierten und witzig geschriebenen Krimi, in dem Esoteriker, Trickbetrüger, Geisterbeschwörer und Parapsychologen die Hauptrolle spielen – und ein unbequemer Journalist namens Jack Parlabane. Seine Aufgabe es ist, dem ganzen Hokuspokus ein Ende zu setzen und nebenbei noch den einen oder anderen Mordfall aufzuklären.

Ausgangspunkt der Story ist eine Séance auf Glassford Hall, dem Landsitz des schwerreichen schottischen Möbelunternehmers Bryant Lemuel. Lemuels kürzlich verstorbene Ehefrau meldet sich in dieser Sitzung mit weinerlicher Stimme und intimen Details aus dem Jenseits zu Wort. Gabriel Lafayette, ein amerikanischer TV-Star mit besonderen Gaben, hat dies ermöglicht und will nach der gemeinsamen übernatürlichen Erfahrung ein Institut zur Untersuchung paranormaler Phänomene ins Leben rufen, an der altehrwürdigen Kelvin University in Glasgow, natürlich gut ausgestattet mit Lemuels Millionen.

Doch Lafayette hat einige Gegner. Zum Beispiel Professor Niall Blake, der um den guten Ruf der Universität fürchtet. Oder der sonderbare Student Michael Loftus, der bemüht ist, die Tricks des großen Geisterbeschwörers Lafayette offenzulegen. Und eben Jack Parlabane, der im Laufe der Geschichte einen hohen Universitätsposten annimmt und daher nicht mehr nur als investigativer Journalist ein Anliegen hat, die Wahrheit herauszufinden. Letzteres wird immer dringlicher, weil es zu merkwürdigen Todesfällen kommt und Entscheidungen über den Fortgang des geplanten Instituts zu treffen sind.

Brookmyre lässt die Protagonisten seines Buches, sowohl Gegner als auch Anhänger Lafayettes, abwechselnd zu Wort kommen. Alle erzählen aus ihrer eigenen Perspektive. So liest sich der »Angriff der unsinkbaren Gummienten« (vor allem am Anfang) wie eine Sammlung von Berichten, Protokollen und persönlichen Rückblicken. Alles schön subjektiv, zugleich aber auch ungemein spannend.

Der Leser darf hier fleißig mit ermitteln. Muss er aber nicht. Denn es gibt ja Jack Parlabane und Michael Loftus. Dank ihnen wird nach und nach klar, dass es für viele vermeintlich unerklärliche Dinge doch eine recht einfache Erklärung gibt. Erzählt wird übrigens auch, wie der ganze Spuk einmal angefangen hat. Alles in allem gewährt Brookmyre einige interessante Blicke hinter die Kulissen des Zauberers.

Man kann sein Buch aber auch als eine geist(er)reiche Abrechnung mit (fundamentalen) Gläubigen und Abergläubigen lesen. Deutlich wird dies u.a., wenn er sein Alter Ego Jack Parlabane beinahe ein ganzes Kapitel lang über die Zeugen Jehovas lästern lässt bzw. über den Irrsinn ihrer Ablehnung von Bluttransfusionen. Es ist eine der stärksten Passagen dieses starken Romans und im Gegensatz zu vielen anderen sehr real und frei von allem Übernatürlichen.

»Kann ich nicht machen? Ich kann Ihnen sagen, was ich ›nicht machen kann‹. Gestern Abend habe ich zwei Kinder sterben sehen, weil weder ich noch sonst wer sie retten konnte. Den hier kann ich retten. Und jetzt geben Sie mir die Blutkonserven!«

Christopher Brookmyre: Angriff der unsinkbaren Gummienten | Deutsch von Hannes Meyer
Galiani 2014 | 414 Seiten | Leseprobe und mehr | Bestellen