Charlotte MacLeod: Der RauchsalonSarah Kelling, eine junge Witwe aus besseren Bostoner Kreisen, ist unverschuldet in Geldnot geraten und bevor sie gezwungen ist, ihr restliches Hab und Gut komplett aufzugeben, verfällt sie auf die Idee, ihr Haus zu einer Pension umzufunktionieren in der Hoffnung, mittels der zahlenden Gäste ihre finanziellen Umstände zu verbessern. Unterstützt wird sie dabei von ihren Bediensteten Charles und Mariposa; er ein Schauspieler, der auf den großen Durchbruch hofft und nun in Sarahs Pension in der Rolle des Butlers völlig aufgeht, während seine Freundin Mariposa als Hausangestellte fungiert. Auf Hilfe seitens der Familie kann Sarah Kelling nicht wirklich hoffen, im Gegenteil: Wenn ihr Cousin Dolph und ihr Onkel Jem aufkreuzen, sind Stress und Zankerei nicht weit.

Die frischgebackene Pensionsinhaberin hat nur wenige Zimmer zu vergeben, umso wichtiger sind daher die Zahlungsfähigkeit und der gute Leumund der zukünftigen Gäste. Daher wählt sie ihre neuen Mitbewohner sehr sorgsam aus und achtet auf entsprechende Referenzen. Trotz aller Vorsicht holt sie sich eine beispiellose Mischung von Exzentrikern ins Haus, was für Spannung, Neugier und Vergnügen beim Leser sorgt, denn die illustre Runde scheint komplett aus der Zeit gefallen zu sein und ihre Interaktion gibt dem »Rauchsalon« einen geradezu barnabyschen Anstrich, sprich: Die Kombination von Verbrechen und unterschwelligem Humor ist durchaus gelungen.

Da hätten wir zum Beispiel Mrs. Theonia Sorpente, eine geheimnisvolle voluminöse Dame, die den anwesenden Männern mit ihrer Erscheinung den Kopf verdreht. Oder Professor Ormsby, der am MIT lehrt, ihren Reizen verfällt, ansonsten aber eher durch gepflegtes Granteln sowie einen gesegneten Appetit auffällt. Nicht zu vergessen natürlich Mr. Quiffer, ein Querulant und Stinkstiefel vor dem Herrn, der keine Gelegenheit auslässt, alles und jeden zu verklagen und dessen völlig überzogene Schmähbriefe die Leserseiten der Zeitung füllen. Schnell beginnt Sarah Kelling ihren Sprung in die Selbständigkeit zu bereuen, erst recht nachdem in ihrer Pension ein Mord geschieht.
Und zu allem Übel bleibt es auch nicht bei diesem einen Unglück. Hoffnung zieht die junge Gastgeberin aus der Bekanntschaft und tätigen Mithilfe von Max Bittersohn, einem jüdischen Kunstdetektiv, der ihr selbstlos zur Seite steht.

»Der Rauchsalon« (Orig.: »The Withdrawing Room«) aus dem Jahr 1980 ist der zweite Band aus der sogenannten »Boston«-Reihe der Autorin und er ist dem Subgenre des Cosy Crime zuzurechnen. Auch wenn hin und wieder auf Geschehnisse aus dem ersten Band (»Die Familiengruft«) Bezug genommen wird, ist es nicht zwingend notwendig, diesen zu kennen. Charlotte MacLeod entführt die Leserinnen und Leser in das Boston zu Beginn der Achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts, in die Welt der Bessergestellten (Sarahs Familie ist durchaus vermögend, auch wenn nicht jeder so ohne weiteres an die Geldtöpfe kommt, wie es gewünscht wäre, woraus sich dann auch diverse Spannungen ableiten).

Leider ist das Buch derzeit nur antiquarisch erhältlich.

Charlotte MacLeod: Der Rauchsalon | Deutsch von Beate Felten
DuMont 1990 | 224 Seiten | Jetzt bestellen