»Life is a lesson, you learn it when you are through«, sangen Limp Bizkit im Juli 2000. Warum also nicht diejenigen fragen, die ihr Leben schon fast ganz hinter sich haben?
Die Australierin Bronnie Ware hat einige Jahre lang Sterbende betreut und dabei festgestellt, dass die meisten von ihnen in der Rückschau auf ihr Leben immer wieder dieselben fünf Dinge bereuen. Zuerst berichtete Ware darüber in ihrem Blog Inspiration and Chai, der jedoch auf so massives Interesse stieß, dass sie 2011 unter dem Titel »The Top 5 Regrets of the Dying« ein Buch zu dem Thema veröffentlichte. Auf Deutsch erschien es zwei Jahre später als »5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen«.
Verpackt hat Bronnie Ware die »Top 5 Regrets« in die Erzählung ihrer eigenen Lebensgeschichte, wie im Untertitel des Buches, »A Life Transformed by the Dearly Departing«, angedeutet. Die junge Australierin verfolgt nach einer Karriere im Bankenwesen, die sie nur unglücklich machte, einen ungewöhnlichen Lebensentwurf. Sie hat keinen festen Wohnsitz, übernachtet durchaus auch mal im Auto und reist von Gelegenheitsjob zu Gelegenheitsjob. Auf diese Weise schlittert sie in den Beruf als Sterbebegleiterin mehr oder weniger hinein.
Hauptsächlich betreut Ware Todkranke in ihren eigenen Häusern, gelegentlich auch in Spitälern. Sie zeichnet liebevolle Porträts der Sterbenden und beschreibt, wie diese und sie selbst durch die Interaktion lernen. Denn darum geht es der Autorin hauptsächlich – nicht darum, einen Ratgeber zu schreiben, wie man Fehler vermeidet, sondern wie man an ihnen wächst. Es ist nicht verwunderlich, dass Bronnie Ware mit ihrem unkonventionellen Lebensstil die Kritik vermeintlich wohlmeinender Mitmenschen auf sich zieht, die ihr raten, endlich erwachsen zu werden und ein »normales« Leben zu führen. So hängt der erste Punkt, den Sterbende ihrer Erfahrung nach am meisten bereuen, eng damit zusammen: »Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, ein Leben zu leben, das mir entspricht und nicht den Erwartungen anderer.«
Auch die restlichen vier Erkenntnisse hängen eng mit Bronnie Wares eigener Lebensgeschichte zusammen: »Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet«; »Ich wünschte, ich hätte mich getraut, meine Gefühle auszudrücken«; »Ich wünschte, ich wäre mit meinen Freunden in Kontakt geblieben«; »Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein«.
Bronnie Wares Weigerung, über irgendjemanden oder irgendetwas ein negatives Urteil zu fällen, sondern immer nur das Gute zu sehen, wirkt bisweilen vielleicht etwas krampfhaft. Aber man muss diese Frau schon allein für den Mut bewundern, ihr Leben auf diese ungewöhnliche Weise zu leben – und natürlich nicht zuletzt für ihren aufopfernden Umgang mit den Sterbenden. Ebenfalls bemerkenswert sind ihr grenzenloser Optimismus, dass alles für etwas gut ist und gut ausgeht – zum Beispiel auch in Situationen, in denen sie nicht weiß, wo sie die Nacht verbringen oder wo ihre nächste Mahlzeit herkommen wird.
Bronnie Ware beschreibt in ihrem weiteren Werdegang, wie sie als Musiklehrerin in einem australischen Frauengefängnis arbeitet, schließlich in eine schwere Depression verfällt, sich beinahe umbringt und dann ihren Frieden und zurück ins Leben findet. Alles in allem ist das Buch ein guter Lesetipp für alle, die sich gelegentlich fragen, worauf es im Leben wirklich ankommt.
Bronnie Ware: The Top 5 Regrets of the Dying.
A Life Transformed by the Dearly Departing | Englisch
Balboa Press 2011 | 244 Seiten | Jetzt bestellen