Schließlich ist eine Lüge ein Traum, der einem Traum verzeiht.
Über Shakespeares Biographie weiß man sehr wenig, weshalb es immer wieder Spekulationen über das Leben des wohl berühmtesten Schriftstellers der Welt gibt. Zum Glück ist Armin Senser in seinem Buch »Shakespeare: Ein Roman in Versen« nicht irgendeiner der Verschwörungstheorien hinterhergegangen, die versuchen, Shakespeares Werke irgendjemand anderem zuzuschreiben – von Queen Elizabeth bis hin zu Francis Bacon – und bloß nicht ihm selbst.
Senser hält sich an den wenigen Fakten fest, die man über Shakespeare mit ziemlicher Sicherheit weiß: zum Beispiel, wann er von Stratford nach London gegangen ist, wann seine Stücke erschienen und seine Kinder geboren sind, oder auch wann er ein Haus gekauft hat. Daraus strickt er eine Lebensgeschichte, die sich so zugetragen haben könnte, aber nicht muss.
Handlungen und Ereignisse bleiben dabei im Hintergrund. Senser konzentriert sich auf Shakespeares Gedankenwelt, vor allem auf die Auseinandersetzung mit seiner Frau, seinen Eltern und seinen Kindern und nicht zuletzt mit sich selbst. Es spielt dann zum Beispiel gar keine Rolle mehr, wer die Dark Lady in den Sonetten war, sondern es steht im Vordergrund, was die Begegnung mit ihr mit Shakespeare gemacht, was sie in ihm ausgelöst hat.
Besonders gut kommt dabei die unheimliche, fast an Kälte grenzende Unvoreingenommenheit zum Ausdruck, mit der Shakespeare die unterschiedlichsten Figuren in seinen Stücken gestaltet haben muss und die es ihm ermöglicht hat, die Welt und die Menschen so vielfältig zu sehen und jeder Seite eine überzeugende Stimme zu geben.
Die Verse sorgen für ein rhythmisches Gefühl beim Lesen und geben den tiefsinnigeren Gedanken, die immer wieder zwischendrin auftauchen, und den Verbindungen zu Shakespeares eigenen Stücken einen angemessenen Rahmen, ohne den Lesefluss zu stören.
Armin Senser: Shakespeare. Ein Roman in Versen | Deutsch
Hanser 2011 | 327 Seiten | Jetzt bestellen