Andy Weir: ArtemisIch sprang über das graue, staubige Gelände zur riesigen Wölbung der Conrad-Blase. Die von roten Lichtern eingerahmte Luftschleuse war beunruhigend weit weg.

Selbst in der geringen Mondschwerkraft ist es gar nicht so einfach, mit hundert Kilo Gerätschaften am Körper zu rennen. Aber Sie würden staunen, wie schnell Sie flitzen können, wenn Ihr Leben in Gefahr ist.

Jazz Bashara lebt in Artemis, der ersten Stadt auf dem Mond. Sie verdient sich ihren Lebensunterhalt mit dem Schmuggel von Luxusgütern für die zumeist reichen Bewohner der Stadt. Eines Tages erhält sie das Angebot für einen Auftrag, der sie schlagartig von allen finanziellen Sorgen befreien würde. Aber die Durchführung ist nicht nur für sie selbst gefährlich, sondern könnte auch das Leben jedes Bewohners von Artemis gefährden. Jazz wird ungewollt zur Hauptfigur in einer großen Verschwörung.

Nach dem Riesenerfolg von »Der Marsianer« das neue Buch von Andy Weir. Ich muss gestehen, ich habe bisher weder den Romanerstling gelesen, noch die Verfilmung mit Matt Damon gesehen, gelobe aber, zumindest den Film nachzuholen.

Der Erfolgsdruck, der auf diesem Nachfolger gelegen haben muss, ist überall zu spüren, deshalb wurde sowohl bei der Werbung als auch beim Buch selbst aus dem Vollen geschöpft. Der Klappentext von »Artemis« liest sich sehr vielversprechend, und die Mondstadt ist eine spannende Kulisse für eine Geschichte, die ein wenig an Heist-Filme wie »Ocean’s Eleven« oder die entsprechenden Szenen der »Mission-Impossible«-Reihe erinnert. Der Leser erfährt darüber hinaus eine Menge Details über das Leben auf dem Mond und zumindest in der Hörbuchfassung fand ich diese Informationen interessant und überhaupt nicht langatmig.

Große Probleme hatte ich dagegen mit der Hauptfigur, weil mir lange nicht klar war, wie alt sie sein soll. An einer Stelle schloss ich aus dem Gesagten, sie wäre 16 Jahre alt, was zu den Gedanken und dem süffisant-ätzenden Tonfall eines Teenagers gut passen würde. Allerdings kommen mir dann ihre abgeklärten Sexualkontakte und ihr Whiskeykonsum etwas unpassend vor. An anderer Stelle las ich, Jazz sei 26 Jahre alt. In dem Fall ist die Figur auf jeden Fall kognitiv in der Pubertät steckengeblieben. Auch die Sprecherin liest sie auf eine Art, die besser zu der jüngeren Version passen würde. Nur in dramatischen Szenen klingt die erwachsene Frau durch. Hätte man es nicht mit einer Ich-Erzählerin zu tun, deren Ton das gesamte Buch prägt, wäre dieses Problem vielleicht zu verschmerzen, so aber hat es mir die Lektüre ziemlich verleidet.

Letztlich bietet »Artemis« eine spannende Geschichte, die gut unterhält, aber nicht lange im Gedächtnis bleibt. Der Roman ist zwar nicht als solcher gekennzeichnet, aber ich würde ihn eher im Jugendbuchbereich ansiedeln. Vielleicht wird der Film besser, denn der kommt ganz sicher.

Andy Weir: Artemis | Deutsch von Jürgen Langowski
Gelesen von Gabrielle Pietermann und Marius Clarén | Dauer: 9 Std. und 10 Min.
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