Matthias Nawrat: Wir zwei alleinIch trete auf sie zu, aber sie stellt sich ans Fenster. Jetzt ist sie nur als dunkle Gestalt zu sehen gegen das Licht.

Unerfüllte und innige, erlebte Liebe liegt oftmals so nah beieinander. Matthias Nawrat beschreibt in seinem Debütroman »Wir zwei allein« einen Liebeskosmos, der manchmal sehr schwer zu durchschauen ist, die Charaktere der zwei hauptsächlich Handelnden sind allerdings sehr scharf umrissen.

Der namenlose Gemüselieferant scheint nicht viel mehr zu brauchen in seinem Leben als Theres, seine fast schon zwanghaft Angebetete. Theres wiederum ist schwer zu durchschauen und wirkt egoistisch, sie handelt, als hätte sie ihren Weg noch nicht gefunden und scheint die Liebe des gutmütigen und sensiblen Gemüsehändlers auszunutzen.

Der Schwarzwald als mystisches, duftendes, erkundungsreiches Umfeld ist allgegenwärtig, die Lektüre bringt oftmals das Gefühl mit sich, als würde man unter einem Baum im Wald sitzen. Mittendrin kaufen sich die zwei vermeintlich Liebenden einen alten Hof, der Idylle, aber auch Einsamkeit erfühlen lässt. Die Generation der Unentschlossenen zweifelt, ob es denn wirklich die große Liebe ist, ob man nicht doch die falsche Wahl getroffen hat – und setzt sich damit oft einem hohen Risiko aus.

Große und kleine, jedenfalls sehr literarische Metaphern säumen den Weg, den Matthias Nawrat seine Figuren gehen lässt, oft schwappt Wahnsinn oder zumindest sehr starke Emotion über die Seiten und lässt den Leser verwirrt zurück.

Die Metaphern sind oft beängstigend, auch die klaren Gedanken lassen den Leser die Unlogik der Liebe und die Angst vor ihrem Verlust oft unangenehm spüren. Fantasien, Gedanken und Gespräche werden vermischt, ohne Anführungszeichen für direkte Zitate kann der Leser oft nur erraten, ob diese Sätze gesprochen wurden oder nicht. Dies vermittelte deutlich die Unsicherheit, mit der die Liebenden erfüllt sind.

Der Roman spielt mit dem individuellen Wahnsinn. Realität und Fantasie gehen Hand in Hand, aber immer auf einem schmalen Grat. Die Abgrenzung, was real, was erdacht ist, fällt hier sehr schwer. Matthias Nawrat kombiniert hier vermeintliche Liebe, Verzweiflung, Besitzansprüche, Wunschdenken, Bindungsängste und Unentschlossenheit und bietet damit eine Vielzahl an Interpretationsmöglichkeiten.

Matthias Nawrat: Wir zwei allein | Deutsch
Nagel & Kimche 2012 | 192 Seiten | Jetzt bestellen