Peter Bogdanovich: Who the Hell's in it?Vor mehr als zehn Jahren erschien Peter Bogdanovichs hochgelobter Interviewband »Wer hat denn den gedreht?«, der Gespräche mit Regisseuren wie Josef von Sternberg, Alfred Hitchcock, Howard Hawks und Fritz Lang enthielt. Der Nachfolgeband »Who the Hell’s in it« enthält Portraits und Interviews bekannter Schauspieler und erschien leider nie auf Deutsch.

Wie schon im Erstling sind es vor allem die einfühlsamen Personenbeschreibungen, die das Buch lesenswert machen. Der einstige Regie-Wunderknabe Bogdanovich wurde von den Stars als einer der ihren behandelt. James Cagney, Audrey Hepburn, Jack Lemmon, Boris Karloff – sie alle kreuzten irgendwann seinen Weg.

Zuvor war Bogdanovich einer der besten Filmjournalisten Amerikas. Das merkt man dem Buch auch an. Neben einem sehr langen Interview mit Jerry Lewis findet man auch ein Gespräch mit John Wayne, in der sich der Hollywood-Haudegen entgegen seines Images als heller Kopf und charmanter Erzähler zeigt. Unfreiwillig komisch wird es, als Bogdanovich dem jungen Brando nach ihrer ersten Begegnung nachruft: »He! Du bist gerade in Hundescheiße getreten!«

Besonders die alte Garde der Stars hatte es ihm angetan. Liebevoll erzählt er von Cary Grant, der ihm ein väterlicher Freund war; von Marlene Dietrich, die ihm am Telefon anvertraute, sich in ihn verliebt zu haben; von James Stewart, der entgegen seines Images privat alles andere als prüde war. Berührend auch seine Erlebnisse mit Horror-Ikone Boris Karloff, dem er zu einem würdevollen Abschied aus dem Filmgeschäft verhalf.

Bogdanovich schafft das seltene Kunststück, die Menschen mit all ihren Schwächen und Stärken zu schildern, ohne dabei die Grenze zum Voyeurismus zu überschreiten. Selbst für Charlie Chaplin, der im wirklichen Leben wohl alles andere als liebenswert gewesen sein muss, findet er Gründe ihn zumindest zu begreifen.

Auch Bogdanovichs eigene Biografie blitzt immer wieder durch. Nach Filmerfolgen wie »Die letzte Vorstellung« und »Paper Moon« war er ganz oben – bis sein Leben plötzlich zusammenbrach: 1980 wurde seine junge, bildschöne Freundin von ihrem eifersüchtigen Ex-Mann vergewaltigt und ermordet. Dieses Ereignis warf ihn vollends aus der Bahn. Gerade sein eigenes Unglück scheint ihn sensibel gemacht zu haben, für das Unglück anderer. In einigen Momenten trifft man auf eine Tiefe und ein menschliches Verständnis, die man in anderen Büchern dieser Art vergebens sucht.

Hübsch auch, wie Bogdanovich versucht, die Sprechweise von Cary Grant und James Stewart phonetisch wiederzugeben. Gehässiges und Skandale sucht man hier vergebens. Trotzdem ist das Buch eine Mogelpackung. Wer einen reinen Interviewband erwartet, wird enttäuscht sein. Bei einem Artikel über Humphrey Bogart zum Beispiel handelt es sich lediglich um ein Portrait, das bereits vor Jahrzehnten erschien und für dieses Buch lediglich ergänzt wurde.

Trotzdem ertappe ich mich – Wochen nach der Lektüre – immer wieder dabei, dass ich das Buch zur Hand nehme, um darin herumzublättern. Und dies ist das beste Kompliment, das ich einem Autor nur machen kann.

Peter Bogdanovich: Who the Hell’s in it? Conversations with Legendary Film Stars
Englisch | Faber & Faber 2004 | 592 Seiten | Nur noch antiquarisch erhältlich