Jonathan Franzen: The CorrectionsWhat you discovered about yourself in rasing children wasn’t always agreeable or attractive.

»The Corrections« ist wohl nicht nur einer der bekanntesten, sondern auch einer der besten Romane darüber, wie es innerhalb einer amerikanischen Durchschnittsfamilie in den 50er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts tatsächlich aussah. Oder vielleicht darüber, wie es innerhalb von jeder Familie abseits von der öffentlichen Fassade aussieht – nicht nur den amerikanischen Familien und nicht nur in den 50er Jahren.

Der Familienvater Alfred arbeitet im mittleren Westen für eine Eisenbahngesellschaft. Er geht vollkommen in seiner Arbeit auf, empfindet eine starke Loyalität zum Arbeitgeber, die er nicht bricht, auch als ihm klar wird, dass die Eisenbahngesellschaft sich nicht einmal ansatzweise ähnlich loyal zu ihm verhält. Er ist also der typische Vertreter der protestantischen Arbeitsethik Amerikas und will seine Kinder so erziehen, dass sie gute Arbeit leisten und auch als ihr oberstes Ziel verfolgen, zum Beispiel als er seiner Tochter Denise einen Ferienjob bei der Eisenbahngesellschaft verschafft.

Alfred heiratet Enid, die vollkommen darin aufgeht, mit ihrer Familie durch Wohlstand und Erfolg eine Position in der Gesellschaft zu erreichen, bei der sie sich nicht vor den Nachbarn schämen muss. Sie leidet ihr ganzes Leben darunter, weniger Geld als ihre Nachbarn zu haben. Ihre Geldknappheit ist vor allem dadurch bedingt ist, dass Alfred sich weigert, Geld durch etwas anderes als harte Arbeit zu verdienen, zum Beispiel durch Aktiengeschäfte. Außerdem leidet sie darunter, dass Alfred die typisch amerikanisch-puritanische Abneigung gegen Sex, Berührung und Zärtlichkeiten in etwas übertriebener Form pflegt.

Die Kinder, die aus dieser Ehe entstehen, sind Gary, Chip und Denise. Gary richtet sein Leben darauf aus, möglichst in allen Aspekten nicht so zu werden wie sein Vater, gerät dabei aber in Konflikt mit seiner Frau und den Werten, nach denen er erzogen worden ist. Denn als seine Frau seine eigenen Kinder in computerspielsüchtige, konsumorientierte Amerikaner verwandelt, fühlt er sich nicht ganz wohl dabei – was dazu führt, dass seine Frau ihm einredet, er hätte eine Depression.

Chip studiert, ruiniert dann allerdings seine Professoren-Karriere, indem er ein Verhältnis mit einer Studentin anfängt. Durch die Affäre verliert er den Glauben an seine Amerika-Kapitalismus-Kritik, die ihm an der Uni eingetrichtert wurde, und bemerkt gleichzeitig, dass seine Verhaltensweisen und seine unbewusste Gedankenwelt eigentlich nicht mit den ebenfalls von der Uni übernommenen feministischen Gesellschaftstheorien übereinstimmen. Denise bricht ihre Ausbildung an einem teuren College ab, heiratet einen Koch, trennt sich von ihm und geht dann eine Affäre sowohl mit der Frau ihres neuen Chefs als auch mit dem Chef selbst ein.

Während sich die Entwicklungen zuspitzen und das scheinbar geordnete Leben der Kinder und Eltern immer mehr auseinander bricht, versucht Enid krampfhaft, alle Familienmitglieder zu einem letzten gemeinsamen Weihnachtsessen in ihrem Elternhaus im mittleren Westen zusammenzubringen. Franzen erzählt wechselweise aus den Perspektiven der fünf Familienmitglieder und macht jede Sichtweise und Einstellung durch eine faire Neutralität verständlich und nachvollziehbar. Er versteht es, mit Komik und Ironie zu erzählen, sich dabei aber nie über die Figuren auf eine abwertende Weise lustig zu machen. Der Leser wird berührt und gleichzeitig zum Lachen gebracht.

Jonathan Franzen: The Corrections | Englisch
Picador 2002 | 576 Seiten | Jetzt bestellen