David Nicholls: Zwei an einem TagMit 23 Jahren hatte Dexter Mayhew ähnlich nebulöse Zukunftsvorstellungen wie Emma Morley. Er hoffte, Erfolg zu haben, seine Eltern stolz zu machen und mit mehr als einer Frau gleichzeitig zu schlafen, aber wie ließ sich das alles vereinbaren?

David Nicholls‘ »Zwei an einem Tag« ist ein Buch über die wohl wichtigste Frage im Leben: Was sollte beziehungsweise will man mit seinem Leben anfangen? Genau diese Frage stellen sich die zwei Studenten Emma Morley und Dexter Mayhew am Tag ihres Uni-Abschlusses, dem 15. Juli 1988. Beide sind Anfang 20, kennen sich schon seit ein paar Jahren vom Sehen her und haben zum ersten Mal die Nacht zusammen verbracht, jedoch ohne dass etwas »passiert« wäre. Während Dexter Mayhew, dem Sohn aus eher reichem Haus, nur einfällt, dass er gerne einmal reich und berühmt wäre, und er die Frage wie fast alles in seinem Leben mit einem Scherz abtut, wünscht sich Emma, die Welt zu verbessern – oder wenigstens das kleine Stück um sie herum.

Der Erzähler verfolgt die Leben der beiden über die nächsten zwanzig Jahre hinweg, indem er immer am 15. Juli jedes Jahres beleuchtet, wo Emma und Dexter jeweils gerade stehen. Recht schnell wird klar, dass die zwei eigentlich ein tolles Paar abgeben würden. Doch obwohl sie sich nie ganz aus den Augen verlieren, will keiner von beiden zugeben, wie viel der andere ihm bedeutet.

Und so verhindern falscher Stolz, schlechtes Timing, der Zufall und eine Menge Unachtsamkeit und Unentschlossenheit fast zwanzig Jahre lang, dass sie erkennen, was ihnen in ihrem Leben wirklich wichtig ist. Aus lauter Sorge, sich möglichst viele Chancen offen zu halten, verpassen sie die eine, auf die es ankommt.

Emmas ehrgeizige Pläne, durch Kunst, Theater oder Schreiben etwas zu verbessern, scheitern grausam. Sie endet zunächst als Kellnerin in einem mexikanischen Restaurant, später als Lehrerin an einer mittelmäßigen Schule. Dexter ist kurze Zeit als Fernsehmoderator für coole, angesagte Jugendsendungen erfolgreich, aber Drogen- und Alkoholprobleme, der frühe Tod seiner Mutter sowie sein zunehmendes Alter lassen ihn bald ähnlich grausam scheitern wie Emma. Die Beziehungen, die die beiden mit anderen eingehen, gehen ebenso in die Brüche, trotz Heiraten und Kinder. Ihr Leben zerrinnt ihnen ein bisschen zwischen den Fingern und sie scheinen unfähig, etwas dagegen zu tun.

Nicholls macht sich nie über seine Protagonisten lustig, stellt aber ihre Ambitionen, ihre Illusionen und Enttäuschungen mit genau dem richtigen Maß an tiefgründiger Ironie dar. Das Buch ist nie langweilig, sehr klug und gleichzeitig sehr traurig.

David Nicholls: Zwei an einem Tag | Deutsch von Simone Jakob
Heyne 2011 | 544 Seiten | Jetzt bestellen