Being Boyle – Schreiben wie T.C. Boyle. Unter diesem verheißungsvollen Titel startete im Jahr 2004 der erste Schreibwettbewerb von www.tcboyle.de. Gesucht wurden Geschichten, die sich am Stil der Kurzgeschichten und Romane von T.C. Boyle orientieren und auch dessen Ideenreichtum und Originalität widerspiegeln sollten. Ein ambitioniertes Vorhaben, das einen immensen Kraftaufwand für die Veranstalter bedeutete. Dafür gehört ihnen heute noch Beifall gezollt.

Sieger des ersten Wettbewerbs wurde Thomas Utzinger mit seiner Geschichte »Die Farbe schwarz«. Im folgenden Jahr stand der Wettbewerb unter dem Thema »Entdeckungslust als Obsession«. Entdeckungsreisen sind ein zentrales Motiv in Boyles Werk, beginnend mit »Wassermusik«, einem literarischen Pageturner, der in unentdeckte Gebiete Afrikas entführt. Den Sieg trug Werner Richter mit seiner Geschichte »Gut zu Vögeln« davon. Anfang 2007 fand der Wettbewerb zum dritten Mal statt. »Geschichte wird geschrieben« lautete dieses Mal das Thema.

Schreiben wie T.C. Boyle, das wollte auch ich. Mein erstes Buch von Boyle las ich Ende der Achtziger, und ich bleibe ihm bis heute treu, denn er verkörpert viel von dem, was ich an Büchern schätze: starke Charaktere, frische Ideen und eine ebenso überraschende wie überbordende Handlung. Er war einer der Autoren, die mir in frühen Jahren zeigten, dass es auch noch eine andere Form von Literatur gibt, jenseits der Romanheftchen meiner frühen Jugend und den Thrillern aus den folgenden Jahren.

Da war plötzlich jemand, der seine Figuren plaudern ließ, der als Erzähler schwadronierte und auf köstliche Weise abschweifte. Plötzlich interessierten mich nicht mehr die geradlinig erzählten Geschichten, sondern jene, die Haken schlugen, betrunken durch die Gegend wankten und alles bisher Gelesene komplett auf den Kopf stellten. Der Beginn von »Grün ist die Hoffnung«, Felix Nasmyths Aufzählung seiner Nebenjobs und die Schilderung seines bisherigen Lebens auf einer guten halben Seite, war eine Offenbarung. So werden Helden eingeführt, denen man folgen möchte.

Als ich die Ausschreibung las, ging ich recht blauäugig an die Sache heran. Zu dieser Zeit hatte ich noch keine Erfahrungen mit Ausschreibungen und Wettbewerben und arbeitete seit Jahren an einem Kleinstadtkrimi im Stil der Coen-Filme. Er hatte viele boyleske Momente, aber die Arbeit war festgefahren, der Roman wurde immer länger, dann ein Zweiteiler und schließlich wieder gnadenlos gekürzt. Kurzum, ich drehte mich seit geraumer Zeit im Kreis.

Es war Neugier, die mich antrieb, gepaart mit der Lust auf den Nervenkitzel eines Wettbewerbs und natürlich nackter Panik. Zur Jury gehörten der Autor Titus Müller, die Journalisten Matthias Penzel und Marc Halupczok, Verleger Thomas Seeliger, Boyle-Übersetzer Werner Richter und www.tcboyle.de-Gründer Holger Reichard. Eine weitere Stimme hatten die Mitglieder des Forums von www.tcboyle.de. Sie durften ebenfalls über die Siegergeschichte abstimmten. Das war ein anderes Lesepublikum als wohlwollende Freunde und Verwandte.

Die ersten positiven Kommentare im Forum waren für mich unglaublich aufbauend. Aber Hoffnung auf einen Sieg machte ich mir deshalb noch nicht. Umso größer meine Freude, als meine Geschichte »Ausgerechnet Alaska« den ersten Platz belegte.

Eine Weile gab es Pläne, die besten Beiträge aus allen drei Wettbewerben als Buch zu veröffentlichen, und was wäre das für ein Buch geworden! Leider kam die geplante Veröffentlichung nie zustande. »Ausgerechnet Alaska« wurde schließlich das erste Kapitel meines zweiten Romans »Sieben Städte aus Gold«, und ich bin sicher, auch alle anderen Geschichten sind ihren Weg gegangen.

Für mich brachte der Being-Boyle-Wettbewerb die entscheidende Wende in meinem Leben, und das ist keine Übertreibung. Ich würde wahrscheinlich noch heute jenen einen Kleinstadtkrimi immer wieder umschreiben und irgendwann in einer Schublade beerdigen, aber durch den Gewinn des Wettbewerbs und den Zuspruch der Forumsmitglieder erhielt ich die Bestätigung, die ich so dringend benötigte. Viele Wettbewerbe sollten noch folgen, aber das erste Mal bleibt immer etwas Besonderes. Das gilt für so ziemlich alles im Leben.